Süßigkeiten, Supermarkt

Corona: Müssen Supermärkte jetzt Regale absperren?

    • Betretungsverbot oder Verkaufsverbot?
    • Welches Gesetz ist dafür da?
    • Welche Folgen drohen?
    • Ist der Verkauf von nicht lebensnotwendigen Waren verboten?
    • Haben Erklärungen der Regierung Auswirkungen?
    • Ergebnis – Hilft das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb)?
    • Was kann ich gegen Wettbewerbsverstöße tun?

In Unternehmerkreisen wird dieser Tage wohl kein anderes Thema derart intensiv diskutiert und verfolgt, als die Frage, wer welche Waren wo verkaufen und welche Dienstleistungen wo anbieten darf. Im folgenden Beitrag haben wir den aktuellen Stand der Thematik für Sie zusammengefasst: 

Betretungsverbot oder Verkaufsverbot?

    • Durch Verordnung des Gesundheitsministers wurde das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben ist, untersagt.
    • Lediglich vom Betretungsverbot ausgenommen wurden dabei „Bereiche, in welchen in der Regel systemrelevante Waren verkauft und Dienstleistungen angeboten werden.
    • Wer je eine Filiale eines der sogenannten „Handelsriesen“, in deren Filialen neben systemrelevanten Waren wie z.B. Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln auch Modeartikel, Spielzeug für Kinder, diverse Unterhaltungselektronik und – der Frühling naht – Heimwerkerbedarf angeboten werden, besucht hat, der wird die Verärgerung jener Dienstleister und Händler verstehen, die ausschließlich Waren verkaufen oder Dienstleistungen anbieten, die nunmehr von den Supermarktketten „nebenbei“ verkauft werden. Jene „Non-Food-Anbieter“ müssen mangels Systemrelevanz aktuell geschlossen halten und bleiben auf der Strecke.
    • Der Verordnung nach ist jedoch nicht der Verkauf bzw. das Anbieten von nicht systemrelevanten Waren bzw. Dienstleistungen untersagt, sondern lediglich das „Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten […] zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen“. Das Ergebnis ist trotzdem ein totaler Betriebsausfall für viele.

Welches Gesetz ist dafür da?

    • Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt wie sich Unternehmer verhalten müssen.
    • Unlauteres, also unfaires, Verhalten kann eine „unlautere Geschäftspraktik“ oder „sonstige unlautere Handlung“ darstellen. Wenn dieses unfaire Verhalten andere Unternehmen benachteiligt, kann ein Unterlassungsanspruch bestehen.

Welche Folgen drohen?

    • Bei einem Verstoß drohen Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche durch Mitbewerber.
    • Ein derzeit geschlossener Händler für Markisen kann zB gegen einen Supermarkt vorgehen, der (nicht lebensnotwendige) Sonnerschirme verkauft. Die Ware muss nur gleichartig und nicht ident sein. Man spricht hier von sogenannten „Substitutionsgütern“. Es reicht also im Wesentlichen, wenn die selben Kundenkreise betroffen sind.
  • Ist der Verkauf von nicht lebensnotwendigen Waren verboten?
    • Aus der Verordnung ergibt sich dem Wortlaut nach kein Verkaufs- sondern nur ein Betretungsverbot. Das Ergebnis ist faktisch gleich: Die Möglichkeit für Handelsriesen „außer Konkurrenz“ durch Fachhändler auch nicht systemrelevante Waren und Dienstleistungen anzubieten, wird dadurch geschaffen. Darin kann eine sonstige unlautere Handlung nach dem Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb begründet sein, wenn der Verkauf nicht auf eine sogenannte „vertretbare Rechtsansicht“ gestützt werden kann.
    • Naturgemäß liegt wegen der Ausnahmesituation weder Rechtsprechung vor, noch gibt es eine Behördenpraxis. Erhebliche Rechtsunsicherheit ist das Ergebnis. Zweck der Verordnung ist die Sicherstellung der Grundversorgung. Das spricht für ein Verkaufsverbot von nicht systemrelevanten Artikeln. Dagegen spricht, dass nicht einzusehen ist, warum man nicht – man ist schließlich schon im Supermarkt – auch andere Waren kaufen dürfen soll, wenn man „ja eh schon da“ ist.
    • Am 01.04.2020 wurde um 08:00 Uhr in den Morgennachrichten des (öffentlichrechtlichen) Senders Ö3 auf ein in diversen Medien erwähntes Schreiben des Gesundheitsministers (Anm.: von diesem stammt die Verordnung!) an das Amt der Vorarlberger Landesregierung Bezug genommen. Aus diesem Schreiben gehe hervor, dass „Die Geschäfte […] z.B. Regale mit anderen Produkten [Anm.: als solche, die zur Grundversorgung dienen] entsprechend absperren bzw. kennzeichnen und sicherstellen, dass kein Verkauf stattfindet.“ Es wurde auch kommuniziert, dass Vorarlberg nunmehr „den Anfang mache“ und hinkünftig Schwerpunktkontrollen durch die Polizei und die Mitarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörden durchführen lässt, um den Verkauf von nicht systemrelevanten Produkten zu unterbinden. Gegebenenfalls würden Strafen ausgesprochen oder Anzeigen erstattet.

Haben Erklärungen der Regierung Auswirkungen?

    • Die Rechtsansicht der zuständigen Behörde hat gravierende Auswirkungen auf die bereits oben dargestellte „Vertretbarkeit der Rechtsauffassung“.
    • Wenn Rechtsprechung fehlt, ist auf die von der zuständigen Verwaltungsbehörde vertretene Rechtsmeinung abzustellen.
    • Durch die Erklärung des Bundesministers ist es wahrscheinlich, dass die Vertretbarkeit der Rechtsauffassung, dass kein Verkaufsverbot im stationären Handel vorliegt, nunmehr weggefallen ist. Auch ist davon auszugehen, dass diese Erklärung noch auf vielen weiteren Wegen den Adressaten zur Kenntnis gebracht wird und die „Vertretbarkeit der Rechtsansicht“ zunehmend schwieriger haltbar wird.

Ergebnis – Hilft das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb)?

    • Mitbewerber haben gute Chancen, einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch gegen rechtsbrüchige Mitbewerber zu haben.
    • Dazu kann in bestimmten Fällen ein Anspruch auf Schadenersatz und Veröffentlichung geltend gemacht werden.

Was kann ich gegen Wettbewerbsverstöße tun?

    • Die Frist für eine Klage nach dem UWG beträgt 6 Monate. Es ist davon auszugehen, dass die Gerichte einstweilige Verfügungen trotz des eingeschränkten Gerichtsbetriebs rasch bearbeiten werden.
    • Für den Beweis der Ansprüche reicht es aus, beispielsweise eine Rechnung über eine Ware vorlegen zu können, deren (stationärer) Verkauf verboten ist. Nach dem UWG sind Testkäufe grundsätzlich nicht unzulässig.

Disclaimer: Dieser Beitrag wurde anhand von Aussagen aus dem Justizministerium recherchiert und zusammengestellt; eine Haftung für die Richtigkeit wird nicht übernommen. Dieser Beitrag ersetzt auch keine Rechtsberatung. 

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freundlicher Mann
verfasst von
Mag. Johannes Moser

Rechtsanwalt in Salzburg | RA Mag. Bernhard Brandauer LLB.oec

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