Rechtliche Tragweite von Formulierungen im Schenkungsvertrag

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Rechtliche Tragweite von Formulierungen im Schenkungsvertrag

Wer Vermögenswerte zu Lebzeiten überträgt, sollte auf jedes Wort achten. Ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) verdeutlicht, wie entscheidend präzise Formulierungen in Schenkungsverträgen sind – besonders im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge. Der Unterschied zwischen einem unverbindlichen Wunsch und einer rechtlich bindenden Verpflichtung kann erhebliche finanzielle Konsequenzen haben.

Die rechtliche Interpretation von Vertragsklauseln

Bei der Auslegung von Verträgen gelten klare juristische Prinzipien. Anders als bei letztwilligen Verfügungen kommen bei Schenkungsverträgen die allgemeinen Auslegungsregeln für Verträge zur Anwendung. Dabei wird vom Wortlaut ausgegangen, um die tatsächliche Absicht der Vertragsparteien zu ermitteln.

Der OGH (2 Ob 193/23f) hat in seiner Rechtsprechung klargestellt: Ein „Wunsch“ ist seinem Wortsinn nach eine rechtlich unverbindliche Äußerung zu einem erhofften Verhalten. Selbst wenn dieser Wunsch „ausdrücklich“ formuliert wird und vom Empfänger „zur Kenntnis genommen“ wird, entsteht dadurch keine rechtliche Verpflichtung.

Wie der OGH zwischen Wunsch und Verpflichtung unterscheidet

Im untersuchten Fall hatte ein Vater mehrere Liegenschaften, Gesellschaftsanteile und einen Familienbetrieb an seinen Sohn übertragen. Im Schenkungsvertrag von 1993 wurde festgehalten: „Der Geschenkgeber spricht den ausdrücklichen Wunsch aus, der Geschenknehmer möge, falls er ohne leibliche Nachkommen sterben sollte, sämtliche Schenkungsobjekte dem Enkel des Geschenkgebers vermachen. Der Geschenknehmer nimmt diesen Wunsch ausdrücklich zur Kenntnis.“

Nach dem Tod des Vaters übertrug der Sohn die Vermögenswerte an eine Gesellschaft in seinem Alleineigentum. Als er später kinderlos verstarb, forderte der im Vertrag genannte Enkel (tatsächlich der Neffe des Sohnes) die Herausgabe der Vermögenswerte.

Der OGH entschied jedoch, dass die Formulierung „ausdrücklicher Wunsch“ keine rechtliche Bindungswirkung entfaltet. Bei der Beurteilung berücksichtigte das Gericht:

  1. Den Wortsinn des Begriffs „Wunsch“

  2. Die familiären Umstände

  3. Andere Klauseln im selben Vertrag, die explizite Verpflichtungen enthielten

Diese Umstände deuteten demnach darauf hin, dass dem „Wunsch“ bewusst keine rechtliche Verbindlichkeit zukommen sollte. Folglich ging der Neffe leer aus.

Sprachliche Sorgfalt bei der Formulierung von Schenkungsbedingungen

Bei der Gestaltung von Schenkungsverträgen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ist die sprachliche Präzision von höchster Bedeutung. Wer tatsächlich rechtlich bindende Vorgaben für den Beschenkten schaffen möchte, sollte Begriffe wählen, die eindeutig eine Verpflichtung zum Ausdruck bringen. Die Rechtsprechung unterscheidet hier klar zwischen Formulierungen, die lediglich einen Wunsch oder eine Hoffnung ausdrücken, und solchen, die eine echte rechtliche Bindungswirkung entfalten.

Entscheidend ist dabei nicht nur die Wortwahl selbst, sondern auch der Kontext des Gesamtvertrags. Wie im diskutierten Fall deutlich wurde, kann die Verwendung expliziter Verpflichtungen an anderen Stellen des Vertrags ein Indiz dafür sein, dass bewusst zwischen verbindlichen und unverbindlichen Äußerungen unterschieden werden sollte. Wer sicherstellen möchte, dass seine Vorgaben für die weitere Verwendung des geschenkten Vermögens auch tatsächlich durchsetzbar sind, sollte daher auf Formulierungen zurückgreifen, die unmissverständlich eine rechtliche Bindung erzeugen. Umgekehrt können Schenkende, die dem Beschenkten bewusst Freiheiten einräumen wollen, dies durch die explizite Kennzeichnung als unverbindlichen Wunsch zum Ausdruck bringen.

Résumé

Die sorgfältige Formulierung von Schenkungsverträgen und letztwilligen Verfügungen ist entscheidend, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Eine einfache, aber effektive Methode zur Überprüfung einer Vertragsklausel ist die Kontrollfrage: Könnte diese Formulierung von anderen Personen anders verstanden werden?

Wer sicherstellen möchte, dass sein Vermögen nach bestimmten Vorstellungen weitergegeben wird, sollte auf eindeutige, rechtlich bindende Formulierungen setzen und gegebenenfalls professionelle rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.

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Pflichtteilsrecht bei Privatstiftungen: Rechtliche Möglichkeiten für Erben

Ein Berg von Münzen mit einer Uhr im Hintergrund
Ein Berg von Münzen mit einer Uhr im Hintergrund

Pflichtteilsrecht bei Privatstiftungen: Rechtliche Möglichkeiten für Erben

Was passiert mit dem Pflichtteilsanspruch, wenn Erblasser ihr Vermögen in Privatstiftungen einbringen? Immer mehr Pflichtteilsberechtigte müssen ihre Ansprüche gegen solche Stiftungskonstruktionen durchsetzen. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten für betroffene Erben.

Die Problematik: Vermögensübertragung in Stiftungen

Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Ein Vater gründet eine Privatstiftung und überträgt sein gesamtes Vermögen in diese Stiftung. Er behält sich wichtige Rechte vor, wie die Möglichkeit, die Stiftungsurkunde zu ändern oder die Stiftung zu widerrufen. Sein Sohn wird als Begünstigter eingesetzt. Nach dem Tod des Vaters fünf Jahre später hat die Verlassenschaft keinen Wert mehr, da alle Vermögenswerte bereits der Stiftung gehören. Bedeutet dies, dass seine Tochter, die nicht als Begünstigte eingesetzt wurde, tatsächlich leer ausgeht?

Schutz durch Schenkungsanrechnung

Das Erbrecht kennt ein wichtiges Instrument zum Schutz von Pflichtteilsberechtigten: die Schenkungsanrechnung. Sie verhindert, dass das Pflichtteilsrecht durch Schenkungen zu Lebzeiten umgangen werden kann. Dabei werden Schenkungen des Verstorbenen in die Berechnungsbasis für die Pflichtteile einbezogen.

Das Gesetz unterscheidet grundsätzlich zwischen:

  1. Schenkungen an andere Pflichtteilsberechtigte (Kinder, Ehegatten): Diese sind zeitlich unbegrenzt anzurechnen. Hat der Erblasser beispielsweise vor 30 Jahren seiner Tochter ein Haus geschenkt, fällt diese Schenkung unter die Anrechnungspflicht.

  2. Schenkungen an Dritte: Diese werden nur dann angerechnet, wenn sie innerhalb von zwei Jahren vor dem Tod erfolgten. Eine Schenkung an die Lebensgefährtin, die drei Jahre zurückliegt, würde demnach nicht mehr berücksichtigt.

Der Sonderfall Privatstiftung

Bei Privatstiftungen wird die rechtliche Situation komplexer:

  • Zunächst gilt: Die Privatstiftung selbst ist keine pflichtteilsberechtigte Person, weshalb grundsätzlich die Zweijahresfrist anwendbar wäre.

  • Entscheidend ist jedoch: Hat sich der Stifter bestimmte Rechte in der Stiftung vorbehalten (wie Änderungs- oder Widerrufsrecht), gilt die Schenkung rechtlich als noch nicht vollständig vollzogen. Die Zweijahresfrist beginnt in diesem Fall überhaupt nicht zu laufen.

Durchsetzungsmöglichkeiten für verkürzte Erben

Im beschriebenen Beispielfall kann die Tochter ihren erhöhten Pflichtteil tatsächlich von der Privatstiftung fordern, obwohl die Vermögensübertragung bereits fünf Jahre zurückliegt. Der Grund: Durch die vorbehaltenen Rechte des Vaters in der Stiftung wird rechtlich angenommen, dass er das „Vermögensopfer“ nicht vollständig erbracht hat – die Anrechnungsfrist hat daher nie begonnen.

Der Pflichtteilsberechtigte hat folgende Möglichkeiten:

  1. Auskunftsanspruch nutzen: Zunächst kann er von der Privatstiftung Auskunft über das eingebrachte Vermögen verlangen.

  2. Pflichtteilsanspruch bewerten: Mit diesen Informationen lässt sich der konkrete Anspruch berechnen.

  3. Gerichtliche Durchsetzung: Kommt keine außergerichtliche Einigung zustande, kann er seinen Anspruch gerichtlich geltend machen.

Begünstigtenstellung als zusätzlicher Faktor

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Begünstigtenstellung anderer Personen (wie im Beispiel des Bruders). Hat diese Begünstigtenstellung einen bewertbaren wirtschaftlichen Wert, gilt sie ebenfalls als Schenkung des Erblassers. Der verkürzte Pflichtteilsberechtigte müsste seinen erhöhten Pflichtteilsanspruch dann teilweise gegen die Privatstiftung und teilweise gegen den begünstigten Bruder geltend machen.

Résumé

Die Übertragung von Vermögen in eine Privatstiftung führt nicht automatisch zum Verlust des Pflichtteilsanspruchs. Das Rechtsinstrument der Schenkungsanrechnung bietet Pflichtteilsberechtigten auch in diesen Fällen Schutzmöglichkeiten. Die komplexe Rechtslage erfordert jedoch eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls und eine solide rechtliche Beratung.

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