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Immobilienmaklerverträge im Fernabsatz: Widerrufsrecht und Provisionsfreiheit

Die digitale Immobiliensuche ist heute Normalität. Doch was viele nicht wissen: Kommunizieren Sie mit einem Makler nur online, per E-Mail oder telefonisch, entsteht ein sogenannter Fernabsatzvertrag – mit weitreichenden Konsequenzen für Ihre Rechte als Verbraucher. Besonders beim Thema Maklerprovision kann dies entscheidend sein, wie eine Entscheidung des OGH zeigt.

Was genau ist ein Fernabsatzvertrag mit Immobilienmaklern?

Ein Fernabsatzvertrag liegt vor, wenn sämtliche Kommunikation zwischen Verbraucher und Immobilienmakler ausschließlich über Fernkommunikationsmittel erfolgt. Darunter fallen digitale Kontaktaufnahmen wie Online-Anfragen, E-Mail-Korrespondenz und Telefonate. Entscheidend ist, dass zu keinem Zeitpunkt ein persönlicher Kontakt stattfindet.

Die rechtliche Einordnung als Fernabsatzvertrag hat erhebliche Auswirkungen auf die Verbraucherrechte – insbesondere hinsichtlich des Widerrufsrechts und damit verbundener Zahlungsverpflichtungen.

Vergleich: Fernabsatzvertrag vs. klassischer Maklervertrag

Vergleich: Fernabsatzvertrag vs. klassischer Maklervertrag

Fernabsatzvertrag
Kommunikation
Ausschließlich über Fernkommunikationsmittel wie Online-Anfragen, E-Mails und Telefonate
Widerrufsrecht
14 Tage Widerrufsrecht ohne Angabe von Gründen
Vertragsbeendigung
Einfache Widerrufserklärung genügt
Provisionsanspruch nach Widerruf
Keine Provision nach rechtzeitigem Widerruf, selbst wenn das Objekt später gekauft wird
Informationspflichten
Makler muss umfassend über Widerrufsrecht und -fristen informieren
Klassischer Maklervertrag
Kommunikation
Persönliches Treffen oder Kombination aus persönlichem Kontakt und Fernkommunikation
Widerrufsrecht
Kein gesetzliches 14-tägiges Widerrufsrecht ohne Angabe von Gründen
Vertragsbeendigung
Nur unter den vertraglich vereinbarten Bedingungen möglich
Provisionsanspruch
Provision ist bei erfolgreicher Vermittlung geschuldet, wenn der Kunde das Objekt kauft
Informationspflichten
Grundlegende Informationspflichten, aber keine spezielle Widerrufsbelehrung erforderlich
Vorteile des Fernabsatzvertrags für Verbraucher:

Als Verbraucher genießen Sie bei einem Fernabsatzvertrag deutlich mehr Flexibilität und Schutz. Die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung zurückzutreten, gibt Ihnen Zeit, Ihre Entscheidung zu überdenken. Besonders wertvoll: Nach einem rechtzeitigen Widerruf sind Sie komplett provisionsfrei - selbst wenn Sie das Objekt später erwerben.

Provisionsfreiheit nach wirksamen Widerruf

Die zentrale rechtliche Konsequenz eines wirksamen Widerrufs: Der Maklervertrag gilt als nie geschlossen. Dies hat der Oberste Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung bestätigt. Konkret bedeutet das:

  • Nach einem rechtzeitigen Widerruf besteht kein Anspruch des Maklers auf Provision

  • Dies gilt selbst dann, wenn später ein Kauf des vermittelten Objekts erfolgt

  • Voraussetzung ist lediglich, dass der Verbraucher keinen vorzeitigen Beginn der Maklertätigkeit verlangt hat

Ein besonderes Augenmerk legt das Gericht auf den Punkt der vorzeitigen Vertragserfüllung. Hat der Verbraucher nicht ausdrücklich darum gebeten, dass der Makler vor Ablauf der Widerrufsfrist tätig wird, bleibt sein Widerrufsrecht vollumfänglich erhalten – ohne jegliche Zahlungsverpflichtung.

Widerrufsrecht bei Maklerverträgen im Fernabsatz

Widerrufsrecht bei Maklerverträgen im Fernabsatz

Tag 0: Erstkontakt
Online-Anfrage, E-Mail oder Telefonat mit dem Immobilienmakler - ein Fernabsatzvertrag entsteht
Tag 1-14: Widerrufsfrist
Sie haben 14 Tage Zeit, um ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurückzutreten
Innerhalb der Frist: Widerruf
Schriftliche Erklärung des Widerrufs (idealerweise per E-Mail oder Einschreiben)
Nach Widerruf: Keine Provision
Makler hat keinen Anspruch auf Provisionszahlung - auch wenn Sie das Objekt später kaufen
Alternative: Frist verstreicht
Ohne Widerruf: Maklervertrag bleibt bestehen, möglicher Provisionsanspruch
Bei Mängeln: Verlängerte Frist
Keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung: Frist verlängert sich auf 12 Monate + 14 Tage
Wichtiger Hinweis:

Das Widerrufsrecht erlischt nur, wenn Sie ausdrücklich den vorzeitigen Beginn der Maklertätigkeit verlangt haben und die Dienstleistung vollständig erbracht wurde. Der Makler trägt hierfür die Beweislast!

Wann erlischt das Widerrufsrecht dennoch?

In bestimmten Situationen kann das Widerrufsrecht trotz Fernabsatzvertrag erlöschen:

  1. Wenn der Verbraucher ausdrücklich den vorzeitigen Beginn der Maklertätigkeit verlangt hat

  2. Wenn die Dienstleistung des Maklers vollständig erbracht wurde

  3. Wenn der Verbraucher die Widerrufsfrist ungenutzt verstreichen lässt

Der Makler trägt hierbei die Beweislast für ein etwaiges Erlöschen des Widerrufsrechts. Er muss nachweisen können, dass der Verbraucher tatsächlich einen vorzeitigen Tätigkeitsbeginn gewünscht hat.

Checkliste: Widerruf von Maklerverträgen im Fernabsatz

Checkliste: Widerruf von Maklerverträgen im Fernabsatz

1
Kommunikationsart prüfen
Stellen Sie fest, ob ausschließlich Fernkommunikationsmittel (Online-Anfrage, E-Mail, Telefon) genutzt wurden. Nur dann liegt ein Fernabsatzvertrag vor.
Tipp:

Dokumentieren Sie sämtliche Kommunikation. Fand zu keinem Zeitpunkt ein persönliches Treffen mit dem Makler statt? Dann greift das Fernabsatzrecht.

2
Widerrufsfrist beachten
Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage ab Vertragsschluss. Wurden Sie nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt, verlängert sich die Frist auf 12 Monate und 14 Tage.
Tipp:

Notieren Sie das Datum des ersten Kontakts und rechnen Sie 14 Tage hinzu. Innerhalb dieser Frist sollten Sie Ihren Widerruf erklären.

3
Widerrufserklärung formulieren
Verfassen Sie eine klare und eindeutige Widerrufserklärung. Sie müssen keine Gründe angeben.
Tipp:

Verwenden Sie, wenn vorhanden, das vom Makler bereitgestellte Widerrufsformular. Alternativ können Sie unsere Vorlage unten nutzen.

4
Widerruf nachweisbar übermitteln
Senden Sie den Widerruf so, dass Sie einen Zustellungsnachweis erhalten.
Tipp:

E-Mail mit Lesebestätigung, Einschreiben mit Rückschein oder Fax mit Sendebericht sind empfehlenswert. Bewahren Sie den Nachweis unbedingt auf!

5
Bestätigung des Widerrufs anfordern
Bitten Sie den Makler um eine schriftliche Bestätigung Ihres Widerrufs.
Tipp:

Erhalten Sie keine Bestätigung, senden Sie nach etwa einer Woche eine Erinnerung. Dokumentieren Sie alle Schritte für den Fall einer späteren Auseinandersetzung.

Résumé

Die aktuelle Rechtsprechung stärkt die Position der Verbraucher im digitalen Immobilienmarkt erheblich. Wer ausschließlich online, per E-Mail oder telefonisch mit einem Makler kommuniziert, genießt den vollen Schutz des Fernabsatzrechts. Der rechtzeitig erklärte Widerruf befreit den Verbraucher vollständig von Provisionszahlungen – selbst wenn später ein Kauf des vermittelten Objekts erfolgt.

Immobiliensuchende sollten sich dieser Rechte bewusst sein und im Zweifelsfall fachkundigen Rat einholen, um ihre Position zu stärken und unberechtigte Provisionsforderungen abzuwehren.

Rechtsanwalt in Salzburg | RA Mag. Bernhard Brandauer LLB.oec

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