
Mietrecht: Tierhaltung in Wohnungen darf nicht pauschal verboten werden
Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs stärkt die Rechte von Mietern, die Haustiere halten möchten. Was bedeutet das Urteil für Vermieter und Mieter, und welche grundsätzlichen Regelungen gelten jetzt für die Tierhaltung in Mietwohnungen? Ein umfassender Überblick über die rechtliche Lage.
Die Bedeutung des OGH-Urteils für Mieter mit Haustieren
In einer Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof (OGH) klargestellt, dass allgemeine Genehmigungsvorbehalte für die Tierhaltung in Mietverträgen zu weitreichend sein können und damit unwirksam sind. Konkret ging es um einen Fall, bei dem einer Mieterin das Halten eines Hundes in ihrer Wohnung gestattet wurde, obwohl der Mietvertrag einen allgemeinen Genehmigungsvorbehalt für Haustiere enthielt.
Die Begründung des Gerichtshofs stützt sich auf europäisches Verbraucherrecht und hat weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung von Mietverträgen in Österreich. Besonders bemerkenswert: Das Gericht zog die EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen heran und wandte die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an.
Rechtliche Grundlagen: EU-Recht schützt Mieter vor unfairen Klauseln
Nach Artikel 6 der Klausel-Richtlinie sind Gerichte verpflichtet, die mögliche Nichtigkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen zu prüfen. Der OGH stellte dabei einen wesentlichen Punkt klar: Zwischen einem expliziten Verbot und einem uneingeschränkten Genehmigungsvorbehalt besteht praktisch kein Unterschied, da das Nichterteilen von Genehmigungen faktisch wie ein Verbot wirkt.
Besonders problematisch erschien dem Gericht der umfassende Charakter der konkreten Vertragsklausel. Diese hätte bedeutet, dass ohne ausdrückliche Erlaubnis des Vermieters nicht einmal die Haltung von Kleintieren wie Zierfischen, Ziervögeln, Hamstern oder kleinen Schildkröten gestattet wäre – selbst wenn diese in artgerechter Zahl gehalten würden.
EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln
Oberste Rechtsquelle, die Verbraucher vor unfairen Vertragsklauseln schützt
Nationales Recht (§ 1098 ABGB)
Erlaubt grundsätzlich das Halten üblicher Haustiere in artgerechter Form
Mietvertragsklauseln
Dürfen das übergeordnete Recht nicht umgehen oder zu weitreichend einschränken
Keine teilweise Erhaltung der Klausel möglich
Eine wichtige Erkenntnis aus der Rechtsprechung des EuGH findet sich in der Begründung: Eine sogenannte „geltungserhaltende Reduktion“ der Klausel ist nicht möglich. Das bedeutet, dass die Klausel nicht teilweise aufrechterhalten werden kann – sie muss vollständig für unwirksam erklärt werden.
In solchen Fällen greift dann automatisch die gesetzliche Regelung. Im österreichischen Recht ist dies § 1098 ABGB, dessen Interpretation durch die Rechtsprechung besonders mietfreundlich ausfällt: Demnach ist das Halten von üblichen Haustieren in artgerechter Form – einschließlich Hunden und Katzen – grundsätzlich erlaubt.
Was bedeutet das für Mieter und Vermieter in der Praxis?
Für Mieter bedeutet diese Entscheidung eine deutliche Stärkung ihrer Rechte. Wenn ein Mietvertrag einen zu weit gefassten Genehmigungsvorbehalt für Tierhaltung enthält, kann dieser unwirksam sein. In diesem Fall gilt die gesetzliche Regelung, die das Halten üblicher Haustiere grundsätzlich erlaubt.
Vermieter hingegen sollten ihre Mietverträge überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Pauschale Genehmigungsvorbehalte für jegliche Tierhaltung sind nach dieser Rechtsprechung problematisch. Stattdessen empfiehlt sich eine differenzierte Regelung, die zwischen verschiedenen Tierarten unterscheidet und konkrete, sachlich begründete Einschränkungen vorsieht.
Übersicht der in Mietwohnungen grundsätzlich erlaubten Haustierarten
Haustiere größerer Art
- Hunde (übliche Rassen, artgerechte Haltung)
- Katzen (Wohnungskatzen)
- Kaninchen (in angemessener Zahl)
- Meerschweinchen (in angemessener Zahl)
Kleintiere
- Ziervögel (in angemessener Zahl)
- Kleine Nagetiere (Hamster, Mäuse)
- Zierfische (Aquarien)
- Kleine Reptilien (z.B. kleine Schildkröten)
Gesetzliche Kriterien
- Artgerechte Haltung muss gewährleistet sein
- Angemessene Anzahl (keine Massenhaltung)
- Keine übermäßige Belästigung anderer Mieter
- Keine Gefährdung des Eigentums
Einschränkungen möglich bei
- Exotischen oder gefährlichen Tierarten
- Übermäßiger Lärmbelästigung
- Beschädigung der Mietsache
- Allergierisiken für andere Hausbewohner
Nach § 1098 ABGB und der aktuellen Rechtsprechung des OGH ist die Haltung üblicher Haustiere in artgerechter Form grundsätzlich erlaubt. Pauschale Verbote oder zu weitreichende Genehmigungsvorbehalte in Mietverträgen können unwirksam sein. Im Einzelfall können jedoch sachlich begründete Einschränkungen zulässig sein.
Rechtsanwalt in Salzburg | RA Mag. Bernhard Brandauer LLB.oec
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