Muss der Vater trotz nahezu gleicher Betreuung noch Unterhalt zahlen? Doppelresidenz, Geldunterhalt & Restansprüche verständlich erklärt

Eltern stehen mit ihrem Kind am Strand
Eltern stehen mit ihrem Kind am Strand

Muss der Vater trotz nahezu gleicher Betreuung noch Unterhalt zahlen? Doppelresidenz, Geldunterhalt & Restansprüche verständlich erklärt

Trennen sich Eltern, stellt sich rasch die Frage: Reicht die Betreuung in beiden Haushalten als Naturalunterhalt – oder ist zusätzlich Geldunterhalt zu zahlen? Der Oberste Gerichtshof (OGH) bekräftigt: Beim betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell („Doppelresidenz“) müssen drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen: nahezu gleichwertige Betreuung, annähernd vergleichbare Einkommen und in etwa gleichwertige bedarfsdeckende Naturalleistungen. Gerade in Grenzfällen – etwa bei einem Verhältnis rund 4:3 – zählt nicht die reine Tage- oder Nächte-Rechnung, sondern eine wertende Gesamtbetrachtung des gelebten Alltags.

Natural- und Geldunterhalt: die Ausgangslage

Im gemeinsamen Haushalt leisten Eltern den Unterhalt überwiegend in Natur – durch Pflege, Erziehung, Wohnen, Verpflegung, Kleidung und Organisation des Alltags. Leben die Eltern getrennt und lebt das Kind überwiegend bei einem Elternteil, erbringt dieser typischerweise Naturalunterhalt, während der andere Geldunterhalt schuldet.

Was meint das „betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell“?

Praktizieren getrennt lebende Eltern eine in etwa gleichteilige Betreuung und erbringen beide die laufenden Naturalleistungen vergleichbar, kann der Geldunterhaltsanspruch entfallen. Liegen die Einkommen nicht auf ähnlichem Niveau, kommt stattdessen ein Restgeld- bzw. Ergänzungsunterhalt gegen den besser verdienenden Elternteil in Betracht – damit das Kind auch im Haushalt des geringer verdienenden Elternteils am höheren Lebensstandard teilhaben kann.

Die drei kumulativen Kriterien des OGH

Der OGH verlangt für den Entfall von Geldunterhalt drei Punkte zugleich:

  1. Nahezu gleichwertige Betreuungsleistungen,

  2. annähernd gleich hohe Einkommen (Unterschiede bis etwa ein Drittel sind hinzunehmen) und

  3. annähernd gleichwertige bedarfsdeckende Naturalleistungen.

Fehlt einer der Punkte, bleibt es bei Geldunterhalt – ggf. gekürzt oder als Restunterhalt.

Doppelresidenz: drei kumulative Kriterien

Das betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell setzt gleichwertige Betreuung, vergleichbare Einkommen und ähnliche bedarfsdeckende Naturalleistungen voraus – erst dann kann Geldunterhalt entfallen.

1) Nahezu gleichwertige Betreuung

  • Regelmäßig gelebter Alltag (Schule, Hausaufgaben, Arzt, Freizeit).
  • Entlastet den anderen Elternteil tatsächlich.
  • Keine bloße Wochenendbesuchsregelung.

2) Vergleichbare Einkommen

  • Annähernd ähnliche Leistungsfähigkeit.
  • Deutliche Unterschiede → Restgeldunterhalt möglich.

3) Gleichwertige Naturalleistungen

  • Laufende, bedarfsdeckende Kosten (Wohnen, Verpflegung, Schule).
  • Einzelne Zuwendungen zählen nicht.
Wesentlich: Eine starre Prozentgrenze gibt es nicht. Es entscheidet die wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände.

Wie viel Betreuung ist „nahezu gleichwertig“?

Starre Prozentschwellen gibt es nicht. Der OGH hat Betreuungsverhältnisse von 43:57 % und 4:3 als „annähernd gleichwertig“ bewertet; in anderen Fällen wurden 42 % oder 38 % nicht akzeptiert. Es bedarf daher stets einer Gesamtbewertung, wobei geringfügige Unterschiede toleriert werden, deutlich abweichende Verhältnisse jedoch gegen die Doppelresidenz sprechen.

Reine Tages- oder Nächte-Zählung genügt nicht

Gerade bei Schichtmodellen mit regelmäßig wechselnden Betreuungstagen betont der OGH, dass ein qualitativ gelebter Alltag – Abholen von der Schule, Hausaufgaben, Freizeitgestaltung, Arzttermine – mehr ist als ein „Wochenendkontakt“. Entscheidend ist, ob die Betreuung regelmäßig erfolgt und den anderen Elternteil tatsächlich entlastet.

Naturalleistungen: Was zählt – und was nicht?

Anzurechnen sind nur bedarfsdeckende Naturalleistungen, also Leistungen, die angemessene Bedürfnisse regelmäßig oder über längere Zeit abdecken (z. B. Wohn- und Betriebskosten, Schulkosten, laufende Verpflegung, angemessenes Taschengeld). Vereinzelte Zuwendungen – etwa gelegentliche Kleidungskäufe oder sporadische Freizeitkosten – haben grundsätzlich keinen Unterhaltscharakter. Trägt hingegen ein Elternteil zusätzlich zu seiner Betreuung überwiegend die notwendigen, längerlebigen Aufwendungen (z. B. Bekleidung, Schuhwerk, größere Anschaffungen), ist das betreuungsrechtliche Modell nicht anwendbar.

Naturalleistungen: Was ist bedarfsdeckend?

Unterhaltsrelevant sind regelmäßige, notwendige und längerfristig bedarfsdeckende Leistungen. Einzelne Zuwendungen genügen nicht.

Bedarfsdeckend

  • Wohnen und Betriebskosten, Energiekosten.
  • Laufende Verpflegung, notwendige Schul- und Betreuungskosten.
  • Regelmäßige Bekleidung, Schuhwerk, Gesundheitskosten.

Nicht ausreichend

  • Einzelne, sporadische Käufe ohne laufenden Bedarf.
  • Unregelmäßige Freizeit- oder Geschenkzuwendungen.
  • Übernahme einzelner größerer Anschaffungen ohne laufende Grundkosten.

Einkommen & Restgeldunterhalt

Sind die Betreuungs- und Naturalleistungen im Wesentlichen gleich, aber die Einkommen unterschiedlich, steht dem Kind gegen den besser verdienenden Elternteil ein Ergänzungsunterhalt zu. Hintergrund: Das Kind soll auch in der Betreuungszeit beim geringer verdienenden Elternteil am höheren Lebensstandard teilnehmen können.

Entscheidungsbaum: Doppelresidenz oder (Rest-)Geldunterhalt?

Die drei Voraussetzungen sind nacheinander zu prüfen. Fehlt eine davon, bleibt es beim Geldunterhalt – mit möglicher Kürzung oder als Restgeldunterhalt.

Nahezu gleichwertige Betreuung? Geldunterhalt (ggf. Abschläge) Einkommen vergleichbar? (große Differenz > Restunterhalt) Restgeldunterhalt Gleichwertige Naturalleistungen? Geldunterhalt Kein Geldunterhalt Nein Ja Nein Ja Nein Ja

Familienbeihilfe & Abschläge: typische Rechenfallen

Die Familienbeihilfe ist bei der Unterhaltsbemessung – auf entsprechende Einrede – zu berücksichtigen; der Mehrkindzuschlag teilt ihr rechtliches Schicksal. Prozentuale Abschläge von 10 % pro überdurchschnittlichem Betreuungstag dienen lediglich als Orientierung und bilden bei annähernd gleichwertiger Betreuung oftmals nicht die tatsächlichen wechselseitigen Leistungen ab, zumal echte Doppelbetreuung in zwei Haushalten den Gesamtaufwand wegen doppelter Versorgungsstrukturen erhöhen kann.

Geld zurückholen: So können Mieter ihre Mietzinserhöhungen zurückfordern

Puzzle eines Gebäudes, welches aus Geldscheinen besteht
Puzzle eines Gebäudes, welches aus Geldscheinen besteht

Geld zurückholen: So können Mieter ihre Mietzinserhöhungen zurückfordern

Höchstgerichtliche Urteile der letzten beiden Jahre belegen: Viele Wertsicherungsklauseln in österreichischen Wohnraummietverträgen sind gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten unwirksam. Wenn Ihr Vermieter Ihre Miete seit Jahren an den Verbraucherpreisindex (VPI) oder gar an den Baukostenindex koppelt, ohne die gesetzlichen Vorgaben streng einzuhalten, haben Sie womöglich Anspruch auf mehrere tausend Euro Rückerstattung. Dieser Beitrag erklärt, worauf es jetzt ankommt – und wie Sie Schritt für Schritt vorgehen, um Ihr Geld zurückzubekommen.

Warum Sie Ihren Mietvertrag gerade jetzt genauer ansehen sollten

Die Inflation hat die Verbraucherpreise und damit den VPI zuletzt kräftig steigen lassen. Viele Vermieter haben den Preisschub zum Anlass genommen, die Miete regelmäßig zu valorisieren. Doch eine Indexanpassung wirkt nur dann, wenn die zugrunde liegende Klausel alle Anforderungen des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) erfüllt. Das Kernproblem: In Formularmietverträgen fehlt häufig ein ausdrücklicher Verzicht des Vermieters auf eine Mietzinserhöhung innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsabschluss. Fehlt dieser Verzicht, ist die gesamte Klausel nichtig – und jede auf ihr basierende Anhebung verliert automatisch ihre Rechtsgrundlage.

Die Zwei‑Monats‑Sperre – ein Fallstrick für Vermieter

§ 6 Abs 2 Z 4 KSchG schützt Mieter davor, dass ein Unternehmer‑Vermieter kurz nach Vertragsunterzeichnung den Mietzins anhebt. Das Gesetz räumt dieser Schutzbestimmung oberste Priorität ein: Eine Abweichung ist nur zulässig, wenn der Verzicht individuell ausgehandelt wird und sich diese Aushandlung auch aus dem Vertrag oder Begleitschreiben klar ergibt. Standardformulare genügen dafür nicht. Der Oberste Gerichtshof (OGH) stellt in mehreren Entscheidungen unmissverständlich klar, dass bei Fehlen des Verzichts nicht etwa „nur“ die Frühanpassung, sondern die komplette Wertsicherungsklausel fällt. Für Sie als Mieter bedeutet das: Sämtliche indexbedingten Erhöhungen verlieren ihre Wirksamkeit – und lassen sich zurückfordern.

Unklare Indexklauseln: Baukostenindex, Ersatzindex & dergleichen

Auch wer die Zwei‑Monats‑Sperre beachtet, bewegt sich noch nicht automatisch auf sicherem Terrain. Viele
Klauseln kranken daran, dass sie unverständlich formuliert sind oder auf einen sachlich unpassenden Index
verweisen. Beispiele:

Der OGH hält den BKI mangels unmittelbarem Bezug zum Lebenshaltungskostenrisiko der Mieter regelmäßig für nicht gerechtfertigt.

Formulierungen wie „der am ehesten vergleichbare Index wird herangezogen“ gelten als intransparent, weil sie dem Vermieter einseitig die Wahl überlassen.

Fehlt die Angabe, welcher Monats- oder Jahreswert des Index als Startpunkt dient, bleibt die Erhöhung rechnerisch im Dunkeln und scheitert an der Transparenzprüfung (§ 6 Abs 3 KSchG).

Bei all diesen Schwächen gilt: Ist eine Klausel intransparent oder sachlich unbegründet, fällt sie ersatzlos weg. Die Miete bleibt dann auf dem Ausgangsniveau des Vertragsabschlusses eingefroren.

Kein Zwei-Monats-Verzicht
Baukostenindex statt VPI
Unklare Ersatzindex-Regel
Unbestimmter Startwert
Klausel transparent & VPI-basiert

Wie lange können Sie zu viel bezahlte Miete zurückholen?

Die regelmäßige Verjährungsfrist für wiederkehrende Zahlungen beträgt grundsätzlich drei Jahre ab dem Zeitpunkt jeder einzelnen Überzahlung. Dennoch lohnt ein Blick darüber hinaus: Liegt eine besonders gravierende, den Vermieter erkennbare Rechtswidrigkeit vor, kann sich der Rückforderungsanspruch aus dem Bereicherungsrecht ableiten und sich auf bis zu 30 Jahre erstrecken. Parallel dazu diskutiert die Politik, Rückforderungen auf fünf Jahre zu begrenzen. Noch ist eine solche Beschränkung jedoch nicht in Kraft – wer rasch handelt, hat daher die besten Karten.

Kontaktieren Sie uns gerne noch heute

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihre Mieterhöhungen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, senden Sie uns einfach Ihren Mietvertrag und die bisherigen Vorschreibungen – völlig unverbindlich und ohne Kostenrisiko. Wir prüfen, ob Ihre Indexklausel angreifbar ist, erläutern Ihnen die rechtlichen Möglichkeiten klar und verständlich und begleiten Sie – falls gewünscht – bei den nächsten Schritten. Ein kurzes E-Mail oder Anruf genügt, um den ersten Stein ins Rollen zu bringen und Ihr Geld zurückzuholen.

Rechtsanwalt in Salzburg | RA Mag. Bernhard Brandauer LLB.oec

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Warnsignal für Vermieter: Wertsicherungsklauseln & Mietzinserhöhungen rechtssicher gestalten – jetzt Mietverträge prüfen lassen!

Ein Holzstück, welches wie ein Haus aussieht und Münzen im Hintergrund
Ein Holzstück, welches wie ein Haus aussieht und Münzen im Hintergrund

Warnsignal für Vermieter: Wertsicherungsklauseln & Mietzinserhöhungen rechtssicher gestalten – jetzt Mietverträge prüfen lassen!

Entscheidungen von OGH (u.a. 2 Ob 36/23t, 8 Ob 37/23h, 10 Ob 54/24z) und das VfGH-Erkenntnis vom 11. Juli 2025 haben zentrale, seit Jahren übliche Wertsicherungsklauseln in Wohnraummietverträgen ins Wanken gebracht. Wer als Unternehmer-Vermieter Formularverträge ohne
klaren Zwei-Monats-Verzicht und ohne transparente Indexregeln verwendet hat, riskiert, dass sämtliche darauf basierenden Mietzinserhöhungen nichtig sind – mit massiven Rückforderungsansprüchen und nachhaltigen Renditeeinbußen. Jetzt ist der Zeitpunkt, bestehende Verträge zu prüfen, anzupassen und Haftungsrisiken zu begrenzen.

Warum das Thema gerade aktuell ist

Inflation, politisch verordnete Mietbremsen und eine Serie verbraucherschutzrechtlicher Verbandsklagen haben das Augenmerk der Gerichte auf Wertsicherungsklauseln gelenkt. Der VfGH bestätigte, dass § 6 Abs 2 Z 4 KSchG Verbrauchern Schutz vor frühen Entgeltänderungen gibt und auf Dauerschuldverhältnisse wie Mietverträge anzuwenden ist. Der OGH hatte bereits 2023 klargestellt, dass Standardklauseln ohne individuellen Verhandlungsspielraum hier zu Fall kommen können. Medienberichte sprechen von hunderttausenden potenziell betroffenen Mietverhältnissen – ein Signal, das Vermieter ernst nehmen sollten.

Die Zwei-Monats-Falle

Die Kardinalfrage: Darf der Mietzins innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsabschluss steigen? Wenn eine Klausel das theoretisch zulässt und nicht ausdrücklich vereinbart, dass in diesem Zeitraum keine Erhöhung erfolgt, gilt sie gegenüber Konsumenten als unzulässig – auch wenn praktisch nie in den ersten zwei Monaten erhöht wurde. Fehlt der Sperrvermerk, wird die gesamte Wertsicherungsklausel unwirksam; sämtliche Indexanpassungen verlieren ihre Grundlage.

Vertragsabschluss (T 0)
Wertsicherungsklausel vorhanden?
Zwei-Monats-Verzicht ausdrücklich geregelt?
→ Ja
Klausel grundsätzlich zulässig
Weitere Prüfung: Transparenz & Index
→ Nein
Hohe Anfechtungs­gefahr
Gesamte Klausel nichtig –
alle Erhöhungen rückforderbar

Formularvertrag vs. individuell ausgehandelt – und wer Unternehmer ist

Der Schutz greift nur im B2C-Bereich. Als Unternehmer gelten regelmäßig institutionelle oder gewerbliche Vermieter; Berichte nennen bereits Vermieter mit rund fünf oder mehr systematisch vermieteten Wohnungen als unternehmerisch. Entscheidend ist zudem, ob Sie ein vorgefertigtes Vertragsformular/AGB verwenden oder tatsächliche Verhandlungsmöglichkeiten dokumentieren.

Folgen einer unwirksamen Klausel: Totalausfall & Rückforderung

Wird die Wertsicherungsklausel gekippt, „friert“ der Mietzins auf dem ursprünglichen Ausgangsniveau ein; alle späteren Erhöhungen gelten als unrechtmäßig und können (je nach Fristen) zurückgefordert werden. Verbände und Medien diskutieren Rückforderungen im Extrem bis zu Jahrzehnten – ein Worst-Case, der Portfoliowerte massiv beeinträchtigen würde.

Indexwahl & Transparenz: VPI ja, Baukostenindex nein?

Die Rechtsprechung differenziert: Eine Anbindung an den Verbraucherpreisindex (VPI) ist grundsätzlich zulässig und sachlich begründbar, sofern klar formuliert. Dagegen wurde eine auf den Baukostenindex gestützte Klausel in einem Verbandsverfahren als unsachlich verworfen; auch unklare Ersatzindex-Formulierungen („am meisten entsprechend“) wurden als intransparent beurteilt. Formulierungen müssen nachvollziehbar sein; unbestimmte oder zu weit gefasste Passagen bergen Anfechtungsrisiken.

Kein Zwei-Monats-Verzicht
Baukostenindex statt VPI
Unklare Ersatzindex-Regel
Unbestimmter Startwert
Klausel transparent & VPI-basiert

Form- & Fristvorgaben nach MRG: Schriftlich, rechtzeitig, keine Rückwirkung

Im Vollanwendungsbereich des MRG kann eine indexbedingte Erhöhung nur für die Zukunft verlangt werden. Erforderlich ist ein rechtzeitiges (mindestens 14 Tage vor dem nächsten Zinstermin) schriftliches Erhöhungsbegehren nach Wirksamwerden der Indexveränderung. Wird der Zeitpunkt versäumt, verschiebt sich die Wirksamkeit; rückwirkende Nachforderungen sind ausgeschlossen. Unsicherheit besteht nach dem 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz (MILG 3) hinsichtlich des exakten Wirksamkeitszeitpunkts – konservatives Vorgehen empfiehlt, den übernächsten Monatsersten abzuwarten.

Rückwirkungs- & Verjährungsfragen: Drei, fünf oder 30 Jahre?

Aktuell gilt: Im MRG-Vollanwendungsbereich keine rückwirkende Indexanpassung; in Teil- bzw. Vollausnahmebereichen kann innerhalb der zivilrechtlichen Verjährungsfrist (regelmäßig 3 Jahre) nachgeholt werden – sofern vertraglich vorgesehen. Politisch diskutiert wird eine gesetzliche Deckelung von Mietzinsrückforderungen auf fünf Jahre, um ausufernde Nachzahlungen zu vermeiden. Gleichzeitig kursieren Einschätzungen, dass in bestimmten Konstellationen (Nichtigkeit + Bereicherungsrecht) deutlich längere Zeiträume im Raum stehen könnten. Die Lage ist dynamisch – zeitnahes Handeln reduziert Unsicherheiten.

Praxis-Checkliste für Vermieter

Anzahl Einheiten, Organisationsgrad, Rechtsform dokumentieren.

Formular/AGB oder individuell verhandelt? Nachweise (E-Mail-Verläufe, Änderungswünsche) sichern.

Wenn nein: Hochrisiko!

Welcher Index? Ersatzregelung verständlich? Baukostenindex meiden.

Keine unklaren Sammelbegriffe; eindeutige Berechnungslogik; Dokumentation der Ausgangsindexzahl.

Fristen für schriftliche Erhöhungsbegehren systematisch überwachen.

Potenzielle Rückzahlungen modellieren; Portfoliobewertung anpassen. (Brancheneinschätzungen warnen vor potenziellen Milliardenrisiken.)

Unser Angebot: Mietvertrags-Check & Aktualisierung für Vermieter

Unsere Kanzlei unterstützt Bestandshalter – vom Privateigentümer mit mehreren Wohnungen bis zum institutionellen Portfolio – bei der rechtssicheren Gestaltung und Aktualisierung von Mietverträgen. Wir analysieren bestehende Wertsicherungsklauseln, prüfen die MRG-Anwendbarkeit, bewerten Rückforderungsrisiken und erarbeiten tragfähige Anpassungs- bzw. Vergleichsstrategien, bevor Forderungsschreiben auf Ihrem Tisch landen. Unsere Erfahrung im Zusammenhang mit Indexierungs- und Betriebskostenklauseln zeigt: Frühzeitige, proaktive Anpassungen kosten weniger als spätere Prozesslawinen.

Kontaktieren Sie uns gerne noch heute

Als Vermieter sichern Sie sich langfristige Planungssicherheit, wenn Ihre Mietverträge rechtssichere Wertsicherungsklauseln enthalten. Senden Sie uns einfach ein Exemplar Ihres ­(Formular-)Mietvertrags oder ein aktuelles Indexschreiben – unverbindlich und diskret. Wir überprüfen, ob Ihre Klauseln der neuesten Rechtsprechung standhalten, zeigen Optimierungsmöglichkeiten auf und erstellen bei Bedarf einen klaren Maßnahmenplan, damit künftige Anpassungen garantiert wirksam und anfechtungsfest bleiben. Ein kurzer Anruf oder eine E-Mail genügt, um Ihren Bestand vor teuren Rückforderungen zu schützen.

Rechtsanwalt in Salzburg | RA Mag. Bernhard Brandauer LLB.oec

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Rückforderung von Investitionen in Lebensgemeinschaften: rechtliche Aspekte

Ein gebrochenes Herz und ein Paar mit einer Waage
Ein gebrochenes Herz und ein Paar mit einer Waage

Rückforderung von Investitionen in Lebensgemeinschaften: rechtliche Aspekte

Finanzielle Unterstützung innerhalb einer Lebensgemeinschaft kann im Trennungsfall zum Streitpunkt werden – insbesondere, wenn es um größere Geldbeträge geht. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat kürzlich klargestellt, unter welchen Umständen außergewöhnliche finanzielle Zuwendungen rückgefordert werden können. In diesem Beitrag erfahren Sie, was rechtlich bei Investitionen in einer Lebensgemeinschaft zu beachten ist und welche Grundsätze für die Rückabwicklung gelten.

Lebensgemeinschaft: Nähe zur Ehe, aber ohne rechtliche Absicherung

Die Lebensgemeinschaft ist im österreichischen Recht nicht ausdrücklich geregelt. Dennoch stellt sie ein familienrechtsähnliches Verhältnis dar, das durch eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft geprägt ist und auf Dauer angelegt sein sollte. Anders als bei der Ehe gibt es jedoch weder formelle Voraussetzungen für den Beginn noch festgelegte rechtliche Konsequenzen bei einer Trennung. Genau hier entstehen häufig rechtliche Unsicherheiten – insbesondere bei gemeinsamen Anschaffungen oder finanziellen Unterstützungen.

Keine allgemeinen Regeln bei Trennung – individuelle Lösungen gefragt

Während das Eherecht klare Regelungen für den Fall einer Scheidung vorsieht, fehlen vergleichbare Vorschriften bei der Trennung von Lebensgefährten. Dennoch kommt es auch in Lebensgemeinschaften immer wieder zu größeren finanziellen Zuwendungen zwischen den Partnern – sei es zur Unterstützung des anderen oder zur gemeinsamen Lebensgestaltung. Was aber passiert mit solchen Investitionen nach dem Ende der Beziehung?

In vielen Fällen handelt es sich nicht um Schenkungen oder Darlehen – und dennoch erwartet die leistende Person mitunter eine Rückzahlung. Ob ein Anspruch besteht, hängt maßgeblich von der Art der Leistung und den Umständen ab.

Der rechtliche Maßstab: Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung

Kommt es zur Trennung, ohne dass vertragliche Vereinbarungen über die Rückzahlung getroffen wurden, bietet das Bereicherungsrecht eine rechtliche Grundlage. Laut ständiger Rechtsprechung des OGH können außergewöhnliche Zuwendungen zurückgefordert werden, wenn:

  • die Leistung in Erwartung des Fortbestehens der Lebensgemeinschaft erbracht wurde,
  • kein die Gemeinschaft überdauernder Nutzen verbleibt,
  • und die Trennung in einem engen zeitlichen Zusammenhang zur Zuwendung steht.

Diese Grundsätze dienen dem Schutz des leistenden Partners vor einseitigen Vermögensverschiebungen, die sich im Nachhinein als unbillig erweisen könnten.

3 Voraussetzungen für die Rückforderung

1

Außergewöhnliche Leistung

2

Erwartung des Fortbestehens
der Lebensgemeinschaft

3

Kein überdauernder Nutzen
beim Empfänger

Was gilt als „außergewöhnliche Leistung“?

Nicht jede finanzielle Unterstützung begründet einen Rückforderungsanspruch. Laufende Zahlungen für gemeinsame Haushaltsausgaben oder Beiträge zum täglichen Lebensbedarf gelten als unentgeltlich – ein Rückforderungsrecht besteht hier in der Regel nicht. Anders sieht es bei außergewöhnlichen Leistungen aus, wie etwa:

  • Tilgung eines erheblichen Kredits,
  • Finanzierung von Immobilien oder Fahrzeugen,
  • andere hohe Vermögensübertragungen ohne Gegenleistung.

Solche Investitionen müssen jedoch im Zusammenhang mit der Lebensgemeinschaft stehen und dürfen nicht aus rein altruistischen oder schenkungsähnlichen Motiven erfolgt sein. Entscheidend ist, dass sie im Vertrauen auf den Fortbestand der Beziehung geleistet wurden.

Außergewöhnliche vs. gewöhnliche Leistungen

Außergewöhnliche Leistungen

  • Kreditablöse für Haus
  • Kauf eines Neuwagens
  • Hohe Einmalzahlungen

Gewöhnliche Leistungen

  • Miete & Betriebskosten
  • Lebensmittel
  • Alltägliche Anschaffungen

Die Bedeutung des „Restnutzens“

Ein weiterer zentraler Aspekt betrifft die Frage, ob und in welchem Umfang der Partner einen bleibenden Vorteil aus der Investition zieht. Nur wenn ein sogenannter „Restnutzen“ verbleibt – etwa in Form eines finanzierten Autos oder einer abbezahlten Immobilie – kommt eine (teilweise) Rückzahlung in Betracht. Wurde das finanzierte Gut bereits gemeinsam genutzt, kann sich der Rückforderungsanspruch auf den verbleibenden Wert beschränken.

Verantwortung für das Beziehungsende

Besonders heikel: Wer die Trennung verschuldet, verliert unter Umständen das Recht auf Rückabwicklung. Zwar konnte im besprochenen Fall keine Schuld festgestellt werden, doch dieser Aspekt bleibt für vergleichbare Fälle wesentlich. Die Gerichte prüfen dabei sorgfältig, ob etwa Untreue, Gewalt oder andere schwerwiegende Gründe zur Auflösung der Lebensgemeinschaft geführt haben.

Résumé

Lebensgemeinschaften bieten viele Freiheiten – rechtlich aber auch zahlreiche Fallstricke. Wer größere Summen investiert oder wesentliche Vermögenswerte überträgt, sollte die rechtlichen Konsequenzen bedenken und idealerweise vertraglich regeln. So lassen sich spätere Auseinandersetzungen vermeiden. Der OGH hat mit seiner Entscheidung einmal mehr unterstrichen, dass außergewöhnliche Zuwendungen bei einer Trennung nicht ohne Weiteres folgenlos bleiben – Rückforderungsansprüche sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich und rechtlich durchsetzbar.

Schweizer-Franken-Kredit mit Tilgungsträger: Welche Ansprüche Kreditnehmer in Österreich jetzt prüfen sollten

Schweizer Franken
Schweizer Franken

Schweizer-Franken-Kredit mit Tilgungsträger: Welche Ansprüche Kreditnehmer in Österreich jetzt prüfen sollten

Tausende Haushalte kämpfen noch immer mit endfälligen Fremdwährungskrediten in Schweizer Franken. Erfahren Sie, welche Schadenersatz-, Rückabwicklungs- und Gebühren­ansprüche heute realistisch sind – und wie Sie Verjährungsfallen umgehen.

Warum das Modell zum Risiko wurde

Endfällige Fremdwährungskredite galten in den 1990er- und 2000er-Jahren als günstige Finanzierung. Die Rechnung ging jedoch selten auf: Seit 2008 hat der Euro gegenüber dem Franken rund 40 % eingebüßt, während viele Tilgungsträger – etwa fondsgebundene Lebens­­versicherungen – hinter den Prognosen zurückblieben. Für die Betroffenen bedeutet das häufig eine Restschuld, die weit über der ursprünglichen Kreditsumme liegt. Die FMA reagierte bereits 2008 mit einem Neuvergabe­verbot, dennoch laufen bis heute zehntausende „Altverträge“ aus.

Die zwei Hauptrisiken

Währungsrisiko

+40 % CHF-Aufwertung vergrößert die Restschuld 1:1.

Tilgungsträger­risiko

Schwache Fonds-Performance
⇒ Deckungslücke am Laufzeitende.

Vier juristische Hebel zur Schadensbegrenzung

Banken waren verpflichtet, über Währungs- und Tilgungsträger­risiken aufzuklären. Wurde dieses Doppelrisiko verharmlost, können Kreditnehmer die Differenz zwischen tatsächlicher Belastung und einem korrekt beratenen Szenario einklagen. Mehrere Entscheidungen des OGH aus 2022 – 2025 bestätigen diese Linie.

Fehlt im Vertrag eine klar bezifferte CHF-Kreditsumme oder ist die Umrechnungs­formel unverständlich, kann der ganze Vertrag nichtig sein (OGH 6 Ob 51/21z, 2. Februar 2022). In diesem Fall muss nur der ausgezahlte Euro-Betrag zurückgezahlt werden – nicht die durch den Franken­anstieg aufgeblähte Forderung.

Der OGH hat wiederholt Sicherheiten- und Nachschuss­klauseln, die Kunden einseitig benachteiligten, gestrichen. Auch Zwangskonvertierungs­rechte der Bank hielten der AGB-Kontrolle nicht stand. Nutzen Banken ungültige Klauseln dennoch, können Betroffene Schadenersatz verlangen.

Nach EuGH-Vorgaben erklärt der OGH Kreditbearbeitungsgebühren konsequent für unzulässig; Entscheidungen vom 24. Februar 2024 und 19. März 2025 bekräftigen das. Selbst Berechnungsfehler bei Negativ­zinsen können rückforderbar sein.

1

Schadenersatz

Beratungsfehler nachweisen und Mehrkosten einklagen.

2

Vertrags­nichtigkeit

Intransparente CHF-Klausel → Rückabwicklung zum Euro-Auszahlungs­betrag.

3

Teilnichtigkeit

Unfaire Sicherheiten- oder Zwangs­konvertierungs­klauseln streichen lassen.

4

Gebühren & Zins­korrektur

Bearbeitungsgebühren und falsche Zins­berechnungen rückfordern.

Fristen im Blick behalten

Schadenersatzansprüche verjähren grundsätzlich drei Jahre ab dem Zeitpunkt, an dem der Kunde „Schaden und Schädiger“ erkennen konnte (§ 1489 ABGB). Die Rechtsprechung lässt dabei Spielraum: Erst wenn die Abweichung von den ursprünglichen Prognosen eindeutig erkennbar ist, beginnt die Frist zu laufen. Ein aktuelles OGH-Urteil aus 2024 konkretisiert, dass Verjährung sogar vor Abschluss des Kredits laufen kann, wenn der Kunde die Überbelastung objektiv hätte erkennen müssen.

Praxis-Tipp

Wer klagen will, sollte handeln: Ein Ombuds­verfahren hemmt die Frist, verschafft aber nur Aufschub. Es ist zu empfehlen, spätestens vor Ende 2025 aktiv zu werden, weil viele Verträge zwischen 2002 und 2008 abgeschlossen wurden und nun auslaufen.

Checkliste: Erste Schritte für Betroffene

Auch wenn jeder Fall individuell ist, lassen sich fünf Sofortmaßnahmen nennen, die sich in der Praxis bewährt haben:

(1) Aktuellen Kredit- und Tilgungsträgerstand beim Bankberater abfragen und schriftlich bestätigen lassen.

(2) Alte Beratungs­­unterlagen, Werbebroschüren oder E-Mails zusammentragen – sie können falsche Prognosen beweisen.

(3) Alle gezahlten Gebühren (Bearbeitungs-, Depot-, Abschluss­kosten) in einer Liste erfassen.

(4) Mit einem Online-Rechner (z. B. von COBIN Claims) den „Was-wäre-wenn-Eurokredit“ simulieren, um die Schadenshöhe greifbar zu machen.

(5) Fristkalender anlegen: Verjährungs­uhr, Schlichtungs­fristen, eventuelle Zinsfixierungen.
Diese kompakte Vorbereitung spart im Anwaltstermin Zeit und Kosten – und erhöht die Chancen, schnell in eine Vergleichs­verhandlung zu kommen.

Résumé

Ein Franken­kredit mit Tilgungsträger ist kein Nischen­problem: Mehr als 150 000 österreichische Haushalte sind betroffen. Dank verbraucher­freundlicher EuGH- und OGH-Rechtsprechung haben Kredit­nehmer heute realistische Chancen, ihre Verluste einzugrenzen – sei es durch Schadenersatz, Vertrags­aufhebung oder Rückforderung unzulässiger Kosten. Entscheidend ist eine frühzeitige Prüfung sämtlicher Unterlagen und eine konsequente Verfolgung der Ansprüche, bevor Verjährung eintritt.

Schulden im Erbfall – was Erben wirklich wissen müssen

Ein Berg von Münzen mit einer Uhr im Hintergrund
Ein Berg von Münzen mit einer Uhr im Hintergrund

Schulden im Erbfall – was Erben wirklich wissen müssen

Kaum ein Thema wird in Familien so gern verdrängt wie der eigene Nachlass. Kommt es dann doch zum Erbfall, kreisen die Gedanken oft um eine bange Frage: „Erbe ich am Ende Schulden?“ Die Antwort lautet: Verpflichtungen können genauso geerbt werden wie Guthaben – aber niemand ist gezwungen, persönliche Haftungsrisiken einfach hinzunehmen. Wer die rechtlichen Stellschrauben kennt und frühzeitig Informationen sammelt, kann sein Privatvermögen konsequent schützen, ohne kostbare Vorzüge des Nachlasses aufzugeben.

Warum das Erbe mehr ist als ein Sparbuch

Rein rechtlich entsteht im Todesmoment eine Verlassenschaft, die sämtliche vererblichen Rechte und Pflichten umfasst. Wer glaubt, dabei gehe es nur um das Familiendomizil oder ein Bankkonto, übersieht oft „stille“ Posten wie Kreditverträge, Schadenersatzforderungen oder offene Unterhaltspflichten. Diese Passiva gleiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über – es sei denn, er setzt einen klaren juristischen Kontrapunkt.

Das österreichische Erbrecht bietet dazu zwei Instrumente: die unbedingte und die bedingte Erbantrittserklärung. Während beide Varianten die Annahme des Erbes signalisieren, unterscheiden sie sich fundamental bei der späteren Haftung.

Unbedingte Erbantrittserklärung – die riskante Abkürzung?

Vielen Erben erscheint die unbedingte Erklärung zunächst verlockend. Man spart Zeit, weil keine Inventarisierung aller Nachlasswerte nötig ist, und das Verfahren beim Gericht oder Notar wirkt schlanker. Doch diese Bequemlichkeit hat einen hohen Preis: Gebe ich das unbedingte Ja-Wort zum Erbe, hafte ich mit meinem gesamten Privatvermögen unbeschränkt – auch für Verbindlichkeiten, die erst Jahre später auftauchen.

Ein Beispiel macht das Dilemma greifbar: Stellen Sie sich vor, Ihr Onkel hinterlässt Ihnen eine vermeintlich abbezahlte Eigentumswohnung. Sie nehmen das Erbe unbedingterweise an, verkaufen das Objekt, investieren den Erlös in ein neues Eigenheim … und erfahren drei Jahre später von einer altlastigen Hypothek, die nie gelöscht wurde. Das Kreditinstitut kann nicht nur auf den Verkaufserlös, sondern auf Ihr gesamtes Vermögen zugreifen. Und zwar deshalb, weil Sie sich mit der unbedingten Erklärung vertraglich zur vollen Haftung verpflichtet haben.

Bedingte Erbantrittserklärung – Inventar statt Insolvenz

anz anders bei der bedingten Erbantrittserklärung. Hier besteht die Pflicht, ein vollständiges Inventar aller Nachlasswerte zu erstellen. Das bedeutet Aufwand: Unterlagen müssen beschafft, Konten abgefragt, Gutachten eingeholt werden. Doch dafür erhalten Sie einen unschätzbaren Vorteil: Ihre Haftung ist strikt auf den Wert der Erbschaft begrenzt. Tritt später eine verborgen gebliebene Schuld zutage, bleibt Ihr Privatvermögen unangetastet – das Schlimmste, was passieren kann, ist ein finanzielles „Null auf Null“.

Viele Betroffene betrachten die Inventarisierung als bürokratischen Ballast. In Wahrheit schafft sie Transparenz, deckt vergessene Lebensversicherungen oder drohende Steuerschulden auf und ermöglich­t es, frühzeitig über eine Ausschlagung nachzudenken.

Haftungsoptionen im Erbfall

Unbedingte Erbantrittserklärung

Spart die Inventarisierung, führt aber zur unbeschränkten Haftung des Erben mit seinem gesamten Privatvermögen – auch für erst später entdeckte Schulden.

Bedingte Erbantrittserklärung

Erfordert eine detaillierte Inventarisierung, begrenzt dafür die Haftung strikt auf den Wert des Nachlasses. Das Privateigentum bleibt unberührt.

Checkliste: Unterlagen für die Inventarisierung

  • Letzte Konto- und Depotauszüge aller Banken
  • Kredit- und Darlehensverträge inkl. Tilgungsplan
  • Grundbuchauszüge & Hypothekenunterlagen
  • Lebens-/Rentenversicherungs­policen
  • Offene Rechnungen & Schadenersatz­bescheide
  • Steuerbescheide & offene Steuerschulden
  • Testament / letztwillige Verfügung im Original

Vermächtnisse – Einzelrechte mit Tücken

Neben der klassischen Erbschaft kennt das Recht das Vermächtnis. Ein Vermächtnis­nehmer erhält nicht den ganzen Nachlass, sondern nur einen genau benannten Gegenstand oder Anspruch – vielleicht ein Gemälde, vielleicht eine vermietete Eigentums­wohnung. Klingt überschaubar, kann aber ebenfalls Fallstricke bergen: Ist die vermachte Sache belastet, etwa durch eine Hypothek, muss der Vermächtnisnehmer diese Last übernehmen, sofern das Testament keine abweichende Regel trifft.

Gerade bei Immobilienvermächtnissen lohnt daher der kritische Blick ins Grundbuch und in Darlehens­verträge. Denn anders als ein Erbe kann der Vermächtnisnehmer weder bedingt noch unbedingt antreten – er kann nur annehmen oder ausschlagen. Fehlen belastbare Informationen, sollte man sich nicht scheuen, vorsorglich abzulehnen.

Praktische Leitplanken für eine sichere Entscheidung

Ein Erbfall ist emotional belastend. Doch wer einige praxisbewährte Schritte beachtet, reduziert Stress und Risiko erheblich.

Kontoauszüge, Kreditverträge, Versicherungs­policen und Grundbuchsauszüge liefern das nötige Puzzlebild.

Die Erbantrittserklärung ist zeitlich eng gesteckt. Wer Gefahr läuft, sie zu versäumen, sollte unverzüglich eine Fristverlängerung beantragen.

Notare und Fachanwälte kennen Fallstricke, die Laien übersehen. Die Kosten für Beratung sind in aller Regel geringer als der finanzielle Schaden durch eine vorschnelle Entscheidung.

Häufig besitzen Geschwister oder Kinder Teilinformationen über Verträge oder Schulden, die der Verstorbene nicht schriftlich hinterlassen hat.

Wird klar, dass Passiva das Vermögen deutlich übersteigen und eine Inventarisierung den Aufwand nicht rechtfertigt, bleibt die Ausschlagung der sicherste Weg zur Haftungsvermeidung.

Erbe annehmen oder ausschlagen?

1  Inventar vollständig ermittelbar?
2  Überwiegen die Passiva den Nachlasswert?
JA  →  Bedingte Erklärung
(Haftung nur bis Nachlasswert)
Übersteigen die Schulden den Nachlasswert?
JA  →  Erbe ausschlagen!
NEIN  →  Erbe annehmen

Résumé

Ein Erbfall ist kein Blind Date, bei dem man erst nach der Unterschrift erfährt, mit wem man sich einlässt. Das österreichische Erbrecht gibt Erben und Vermächtnisnehmern wirksame Hebel an die Hand, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Der Schlüssel liegt im rechtzeitigen Sammeln von Fakten und im bewussten Umgang mit den beiden Erbantritts­varianten. Wer seine Entscheidung wohlüberlegt trifft, kann Vermögen sichern, Haftung auf das Nachlassvermögen begrenzen und zugleich den letzten Willen des Verstorbenen respektvoll erfüllen.