Sie kaufen ein Einfamilienhaus, zahlen jeden Euro des Kaufpreises – und erst nach der Übergabe zeigt das Gutachten: Das Haus ist deutlich kleiner als angegeben. Die Wohnfläche stimmt nicht. Plötzlich ist Ihre Immobilie 15 m² „geschrumpft“. Das ist kein Schönheitsfehler. Das ist rechtlich ein Mangel und kann zu Kaufpreisminderung, Rückabwicklung des Kaufvertrags und sogar zu Ansprüchen gegen den Makler führen. In vielen Fällen lassen sich so enorme Beträge zurückholen.
Die ausgewiesene Wohnfläche bestimmt ganz wesentlich den Wert einer Immobilie. Wer glaubt, ein Haus mit 150 m² Wohnfläche zu kaufen, bezahlt üblicherweise mehr als für ein Haus mit nur 130 m². Wird eine deutlich größere Fläche versprochen als tatsächlich vorhanden ist, liegt daher regelmäßig ein Sachmangel vor. Das gilt erst recht, wenn diese Angabe im Exposé oder in den Verhandlungen als Verkaufsargument verwendet wurde. Gerichte sehen bei deutlichen Abweichungen – etwa ab rund 10 % Unterschied zwischen zugesagter und tatsächlicher Wohnnutzfläche – typischerweise einen erheblichen Mangel, der zu Preisminderung oder sogar Rücktritt führen kann. Diese Rechtsprechung ist in Deutschland gefestigt und wird auch in Österreich häufig als Argumentationslinie herangezogen.
Gerade bei Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen, die „mit ca. XY m² Wohnfläche“ beworben werden, ist die richtige Fläche kein nebensächliches Detail, sondern oft kaufentscheidend. Käuferinnen und Käufer dürfen sich grundsätzlich auf solche Angaben verlassen.
Ja, in der Regel schon.
Nach österreichischem Gewährleistungsrecht (§§ 922 ff ABGB) muss die verkaufte Sache (also das Haus oder die Wohnung) den „bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften“ entsprechen. Das bedeutet: Die Immobilie muss das halten, was ausdrücklich zugesichert wurde – und dazu zählt auch die Wohnfläche. Weicht die tatsächliche Wohnfläche spürbar von den Angaben ab, entspricht die Leistung nicht dem Vertrag; das ist ein Mangel.
Ob der Mangel „groß“ oder „klein“ ist, entscheidet später darüber, ob nur eine Preisminderung möglich ist – oder sogar die komplette Vertragsaufhebung (Rückabwicklung). Dazu gleich mehr. Nach der Rechtsprechung kommt es auf die wirtschaftliche Bedeutung der Abweichung, auf die Nutzungseinschränkungen und darauf an, wie stark der vereinbarte Kaufpreis durch die (falsche) Quadratmeterzahl beeinflusst war.
Stellen Sie nach Übergabe fest: „Das Haus ist kleiner als versprochen“, haben Sie grundsätzlich zwei rechtliche Wege:
Die Gewährleistung (§§ 922 ff, 932 ABGB) ist Ihr erster Hebel. Wichtig: Gewährleistung ist verschuldensunabhängig. Das heißt, Sie müssen nicht beweisen, dass der Verkäufer „schuld“ ist. Es reicht, dass ein Mangel vorliegt, also etwa eine massiv zu hoch angegebene Wohnfläche.
1. Verbesserung / Austausch?
Bei normalen Kaufverträgen sieht das Gesetz zuerst die „primären Gewährleistungsbehelfe“ vor: Verbesserung oder Austausch. Bei einer zu kleinen Wohnfläche ist eine „Verbesserung“ (mehr Quadratmeter anbauen) in der Praxis aber oft unmöglich oder völlig unverhältnismäßig. Dann dürfen Sie sofort auf die „sekundären Behelfe“ springen.
2. Preisminderung (§ 932 ABGB)
Die häufigste Lösung ist die Preisminderung.
Die Rechnung funktioniert nach der sogenannten relativen Berechnungsmethode.
Man vergleicht den Wert des Hauses in der versprochenen Größe (Wert mangelfrei) mit dem Wert des Hauses in der tatsächlichen, kleineren Größe (Wert mangelhaft).
Dieses Verhältnis wird dann auf den Kaufpreis angewendet.
Vereinfacht gesagt: Sie bekommen die Differenz zwischen bezahltem Preis und dem Preis, den das kleinere Objekt tatsächlich wert ist, zurück.
Gerade bei deutlichen Flächenabweichungen kann das sehr schnell in die Zehntausende Euro gehen.
3. Wandlung / Vertragsauflösung (§ 932 ABGB)
Ist der Mangel „nicht bloß geringfügig“, können Sie statt der Preisminderung die Wandlung verlangen – also die komplette Rückabwicklung des Kaufvertrags: Sie geben das Haus zurück, der Kaufpreis wird rückerstattet (abzüglich eines allfälligen Benützungsentgelts für die Zeit, in der Sie das Haus genutzt haben).
Ob der Mangel „nicht bloß geringfügig“ ist, hängt von der Schwere der Abweichung, der wirtschaftlichen Relevanz und der Zumutbarkeit für beide Seiten ab. Bei massiven Quadratmeterabweichungen, die kaufentscheidend waren, kann das durchaus erreicht werden.
Fristen:
Für unbewegliche Sachen (also Grundstücke und Gebäude) beträgt die Gewährleistungsfrist grundsätzlich drei Jahre ab Übergabe. Innerhalb dieser Frist muss der Mangel hervorkommen und geltend gemacht werden; Ansprüche auf Preisminderung oder Vertragsauflösung verjähren dann drei Monate nach Ablauf dieser Frist.
Das heißt: Sie haben nicht „ewig“ Zeit. Bei Immobilien sollten Sie rasch handeln.
Die zweite große Schiene ist die Anfechtung wegen Irrtums.
Wenn Sie den Kaufvertrag nur deshalb abgeschlossen haben, weil Sie davon ausgegangen sind, das Haus habe (zum Beispiel) 150 m², tatsächlich aber sind es nur 130 m², dann haben Sie sich über eine für Sie kaufentscheidende Eigenschaft des Kaufobjekts geirrt. Das kann ein sogenannter „wesentlicher Geschäftsirrtum“ sein. Ein solcher wesentlicher Irrtum berechtigt dazu, den Vertrag anzufechten und damit aufzuheben.
Ganz wichtig: Bei der Irrtumsanfechtung geht es nicht um Mängelbehebung oder Preisreduktion, sondern darum, dass der Vertrag so behandelt wird, als wäre er nie zustande gekommen („ex tunc“ Wirkung). Dann muss rückabgewickelt werden: Kaufpreis zurück – Immobilie zurück.
In der Praxis ist die Irrtumsanfechtung besonders stark, wenn
Der Verkäufer haftet aus Gewährleistung dafür, dass die Immobilie die zugesicherten Eigenschaften hat. Dazu gehört auch die Quadratmeterzahl, insbesondere wenn sie aktiv ins Exposé, in die Verhandlungen oder sogar in den Kaufvertrag übernommen wurde.
Außerdem kann der Verkäufer sich eine Irrtumsanfechtung zurechnen lassen, wenn die Falschangabe über die Wohnfläche von seinem Immobilienmakler stammt. Der Oberste Gerichtshof hält fest, dass der Verkäufer sich irreführende Aussagen „seines“ Maklers zurechnen lassen muss, sobald der Makler mit der Verhandlungsführung betraut wurde. Dann muss sich der Verkäufer so behandeln lassen, als hätte er selbst diese falsche Angabe gemacht.
Gerade deshalb ist es bei Haus- oder Wohnungskauf so wichtig, sämtliche Exposés, Inserate, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten usw. zu sichern. Diese Unterlagen helfen uns, zu beweisen, was zugesagt wurde.
Viele Käufer glauben: „Mit dem Makler habe ich doch gar keinen Vertrag – dann kann ich bei ihm nichts holen.“ Das stimmt so nicht.
Der Immobilienmakler hat gesetzliche Aufklärungs- und Informationspflichten. Er darf keine objektiv falschen Angaben machen oder Angaben weitergeben, bei denen er weiß (oder wissen müsste), dass sie falsch oder zumindest zweifelhaft sind. Tut er es doch, verletzt er seine Pflichten. In Österreich kann das folgende Konsequenzen haben:
Wenn der Makler wesentliche Pflichten verletzt – zum Beispiel, indem er falsche Eckdaten zur Immobilie verbreitet – kann sein Provisionsanspruch ganz oder teilweise entfallen bzw. „gemäßigt“ werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der Kunde gerade wegen dieser Falschangabe den Vertrag abgeschlossen hat.
Der Makler kann Ihnen gegenüber schadenersatzpflichtig werden. Er muss Sie so stellen, wie Sie stünden, wenn Sie sich nie auf die Fehlinformation verlassen hätten. Das umfasst etwa Kosten, die Sie nur deshalb hatten, weil Sie das „falsche“ Objekt gekauft haben: zu hoher Kaufpreisanteil, Nebenkosten (Grunderwerbsteuer, Vertragserrichtung, Finanzierungskosten etc.) – insbesondere dann, wenn Sie die Immobilie bei richtiger Aufklärung gar nicht oder nur deutlich günstiger gekauft hätten.
Wichtig: Der Schadenersatzanspruch gegen den Makler ist typischerweise verschuldensabhängig. Wir müssen also zeigen, dass der Makler zumindest fahrlässig gehandelt hat – etwa weil die Quadratmeterzahl offensichtlich nicht stimmen konnte oder weil ihm Unterlagen vorlagen, die eine kleinere Fläche auswiesen.
In der Praxis ist die Preisminderung häufig der schnellste Hebel. Sie behalten das Haus, aber Sie bezahlen nicht den Preis für etwas, das Sie nie bekommen haben. Die Differenz kann – gerade bei Einfamilienhäusern mit hohen Kaufpreisen – sehr hoch sein. Die Preisminderung setzt voraus, dass der Mangel (hier: falsche Wohnfläche) nachweisbar ist und wirtschaftlich ins Gewicht fällt.
Die Wandlung ist ein „großes Geschütz“. Sie ist möglich, wenn der Mangel nicht bloß geringfügig ist. Bei gravierenden Abweichungen der Wohnfläche oder wenn das Haus damit nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht, ist dieses Argument absolut vertretbar. Allerdings ist die Wandlung emotional und praktisch einschneidend: Sie geben das Haus zurück.
Auch über die Irrtumsanfechtung lässt sich eine Rückabwicklung erreichen – mit dem rechtlichen Effekt, dass der Vertrag „nie bestanden hat“. Diese Schiene ist besonders interessant, wenn Sie sagen: „Hätte ich die wahre Wohnfläche gekannt, hätte ich NIEMALS unterschrieben.“ Das müssen wir aber auch beweisen können.
Diese Übersicht hilft Ihnen zu entscheiden, ob Sie "nur" Geld zurückfordern (Preisminderung) – oder ob Sie den gesamten Kaufvertrag kippen wollen (Rückabwicklung / Wandlung / Irrtumsanfechtung).
Sie behalten das Haus – aber zahlen nicht den Preis für Quadratmeter, die nie existiert haben.
Sie sagen: "Dieses Haus hätte ich so nie gekauft." Der Vertrag soll rückgängig gemacht werden.
Lassen Sie die Wohnnutzfläche fachgerecht vermessen und dokumentieren. Ein Sachverständigengutachten ist Gold wert.
Exposé, Inserate, Grundrisse, Mails, Chatverläufe mit dem Makler, Notariatsakt. Speichern Sie auch Screenshots. Diese Unterlagen sind oft der Beweis, dass eine bestimmte Quadratmeterzahl zugesichert wurde.
Geben Sie gegenüber Verkäufer oder Makler keine „Einverständniserklärung“ ab, dass „eh alles passt“, bevor Sie mit uns gesprochen haben.
Die Gewährleistungsfrist bei Immobilien beträgt grundsätzlich drei Jahre ab Übergabe. Danach wird es schwieriger.
Wir prüfen für Sie, ob Preisminderung, Wandlung oder eine Irrtumsanfechtung (Rückabwicklung) in Ihrem konkreten Fall durchsetzbar ist – und ob zusätzlich Ansprüche gegen den Makler (Schadenersatz, Provisionsminderung) bestehen.
Bei Immobilien gilt grundsätzlich eine dreijährige Gewährleistungsfrist ab Übergabe. Danach wird es sehr schwer, Geld zurückzubekommen.
Sichern Sie Exposé, Inserate, Quadratmeterangaben des Maklers und ein Vermessungsgutachten. Das ist Ihre Ausgangsbasis für Preisminderung oder Rückabwicklung.
Eine zu klein geratene Wohnfläche ist kein „Pech gehabt“. Sie ist ein rechtlich relevanter Mangel. Gerade weil es hier um sehr hohe Summen geht (Kaufpreis, Nebenkosten, Finanzierung, Zukunft Ihrer Familie), sollten Sie rasch handeln, Beweise sichern und die rechtliche Strategie sauber aufsetzen. Die gute Nachricht: Sie stehen nicht machtlos da.