Erben ohne Streit in Österreich: So vermeiden Sie Konflikte in der Erbengemeinschaft

Wenn mehrere Personen erben, entsteht schnell eine Erbengemeinschaft – und damit häufig Miteigentum am gesamten Nachlass. Was fair klingt, sorgt in der Praxis oft für Stillstand, Missverständnisse und lange Verfahren. Dieser Beitrag erklärt verständlich, wie eine Erbengemeinschaft in Österreich funktioniert, wer was entscheiden darf, wie man die Gemeinschaft auflöst und – am wichtigsten – wie kluge Testamente und vorausschauende Planung Konflikte von vornherein vermeiden.

Was bedeutet „Erbengemeinschaft“ – und ab wann gilt Miteigentum?

Gibt es mehrere Erbinnen/Erben, bildet sie rechtlich eine Erbengemeinschaft. Mit dem Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens (der Einantwortung) geht die Verlassenschaft in den rechtlichen Besitz der Erben über. Solange keine Teilung vereinbart ist, sind die Erben danach Miteigentümer der Nachlassgegenstände – und zwar mit ideellen Anteilen (Bruchteilen), nicht mit konkreten Stücken. Ein Auto „gehört“ dann z. B. nicht einer Person, sondern allen gemeinsam – etwa je zu einem Drittel.

Über den eigenen Anteil (also den ideellen Bruchteil) kann jede Miteigentümerin/jeder Miteigentümer grundsätzlich frei verfügen. Über die gesamte Sache (Auto, Liegenschaft, Unternehmensanteil etc.) können aber nur alle gemeinsam entscheiden. In der Praxis ist der Verkauf eines bloßen Bruchteils – etwa „ein Drittel eines Autos“ – oft wenig attraktiv, weshalb solche Situationen schnell festfahren.

Nutzung, Verwaltung, Verkauf: Wer entscheidet in der Erbengemeinschaft?

Bei schlichten Miteigentumsgemeinschaften unterscheidet das Gesetz zwischen ordentlicher Verwaltung und wichtigen Veränderungen/Verfügungen:

Hier entscheidet die Mehrheit nach Anteilen, nicht nach Köpfen. Beispiel: Wer 60 % der Anteile hält, hat mehr Stimmgewicht als zwei Miteigentümer mit je 20 %.

Hier ist grundsätzlich Einhelligkeit erforderlich. Kommt keine Einigung zustande, passiert häufig – nichts: Das Objekt steht leer, Kosten laufen weiter, der Wert leidet.

Gerichte definieren die ordentliche Verwaltung als Maßnahmen zur Erhaltung und laufenden Verwaltung, die im Interesse aller stehen und keinen besonderen Kostenaufwand erfordern – alles darüber hinaus gilt als außerordentlich.

Warum Miteigentum so oft Probleme schafft

Solange alle dieselbe Vorstellung haben (nutzen, vermieten, verkaufen?), funktioniert die Gemeinschaft. Doch sobald sich Interessen unterscheiden, wird es kompliziert: Wer darf wann fahren/wohnen? Wer bezahlt Versicherung, Betriebskosten, Sanierung? Was, wenn eine Person verkaufen will, die andere aber nicht? Ohne Einigung blockieren sich die Beteiligten gegenseitig – finanziell, zeitlich und emotional. Genau deshalb braucht Miteigentum hohe Kompromissbereitschaft; im Erbfall ist die jedoch selten, weil sich die Beteiligten die Gemeinschaft nicht ausgesucht haben.

Wege aus der Sackgasse: Einigung, Auszahlung, Gericht

Der einfachste Weg ist die einvernehmliche Teilung durch ein Erbteilungsübereinkommen. Darin wird festgelegt, wer welche Gegenstände oder Ausgleichszahlungen erhält. Häufig übernimmt eine Person einen Gegenstand (z. B. die Liegenschaft) und zahlt die anderen aus. Das kann schon im Verlassenschaftsverfahren vereinbart werden und erspart langwierige Prozesse – scheitert aber oft an den finanziellen Möglichkeiten, gerade bei wertvollen Nachlassobjekten wie Immobilien oder Unternehmen.

Ohne Einigung kann jeder Miteigentümer die gerichtliche Teilung mittels Erbteilungsklage verlangen. Das Gericht prüft, ob eine reale Aufteilung sinnvoll und möglich ist; andernfalls wird das Objekt veräußert und der Erlös nach Anteilen verteilt. Die Erbteilungsklage ist ein gesetzlich vorgesehener Weg zur Aufhebung der Gemeinschaft, aber sie ist meist zeitaufwendig sowie finanziell und emotional belastend.

Wichtig zu wissen: Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft (Teilung) steht grundsätzlich jedem Miteigentümer zu; bei „Unzeit“ oder Nachteilen für andere kann die Teilung aber aufgeschoben werden.

Streit vermeiden durch Planung: Testament & Schenkungen

Die meisten Konflikte entstehen, weil kein oder kein klares Testament existiert. Dabei ließen sich die typischen Reibungen mit wenigen Weichenstellungen deutlich reduzieren:

Wer soll welchen Gegenstand erhalten? Je klarer die Zuweisung, desto geringer das Risiko späterer Auseinandersetzungen über Nutzung und Eigentum.

Gezielte Übertragungen können Miteigentum an unteilbaren Sachen (v. a. Liegenschaften, Unternehmen) vermeiden und den Nachlass vereinfachen.

Wenn absehbar ist, dass eine Liegenschaft oder ein Betrieb in einer Hand weitergeführt werden soll, sprechen Sie zu Lebzeiten mit allen Beteiligten über Ausgleichszahlungen und Finanzierung (z. B. Bankkredit, Ratenmodell).

Je früher und klarer geregelt wird, wer was bekommt, desto seltener entsteht spätere Blockade – und desto eher bleiben Familienfrieden und Werte erhalten.

Häufige Fragen – kurz beantwortet

Mit dem Einantwortungsbeschluss. Vorher besteht eine (auf das Erbrecht bezogene) Rechtsgemeinschaft; erst mit der Einantwortung geht der Nachlass an die Erben und es entsteht – mangels Teilung – Miteigentum zu ideellen Anteilen.

Grundsätzlich ja – aber praktisch ist der Markt für ideelle Bruchteile (z. B. „1/3 eines Autos oder Hauses“) klein. Für die gesamte Sache (Verkauf/Vermietung) braucht es gemeinsame Entscheidungen – bei wichtigen Veränderungen typischerweise Einstimmigkeit.

Das zählt in der Regel zur ordentlichen Verwaltung. Hier entscheidet die Mehrheit nach Anteilen; Gerichte definieren diese Maßnahmen als solche zur Erhaltung und laufenden Verwaltung ohne besonderen Kostenaufwand.

Durch eine Erbteilungsklage nach § 830 ABGB. Das Gericht teilt real, wenn möglich; sonst ordnet es den Verkauf an und verteilt den Erlös. Bedenken Sie jedoch Zeit-, Kosten- und Belastungsfaktoren.

Fazit

Miteigentum mehrerer Erben führt regelmäßig zu Reibungen. Zwar ermöglicht das Gesetz die gerichtliche Teilung, doch der Weg dorthin ist oft lang und teuer. Besser ist es, Miteigentum von vornherein zu vermeiden: mit einem Testament, das die Teilung anordnet, und – wo sinnvoll – mit Schenkungen zu Lebzeiten. So schaffen Sie Rechtssicherheit, bewahren den familiären Frieden und sichern den Wert des Nachlasses.