Aufhebung von Wohnungseigentum & Realteilung in Österreich: Wann lohnt sich der Schritt wirklich?
Zerstrittene Miteigentümer, festgefahrene Hausgemeinschaften oder der Wunsch, ein Objekt „sauber“ zu trennen bzw. als Ganzes zu verkaufen: In solchen Situationen liegen oft zwei Werkzeuge am Tisch – Aufhebung von Wohnungseigentum (WE) und Realteilung (inkl. Teilung durch gerichtliche Begründung von Wohnungseigentum). Dieser Leitfaden erklärt verständlich, wann welches Instrument Sinn macht, welche Voraussetzungen gelten und wie Sie taktisch vorgehen, damit am Ende Rechtssicherheit und wirtschaftlicher Nutzen zusammenpassen.
1) Die Ausgangsfrage: Aufheben – oder teilen?
Wohnungseigentum endet entweder durch Untergang des Objekts oder durch Löschung nach Verzicht. Für die Löschung ist – praktisch – Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer:innen und der Buchberechtigten (z. B. Pfandgläubiger) erforderlich. Ohne diesen Konsens ist die bloße „Rückabwicklung“ von WE nicht möglich.
Ziel ist die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft – vorrangig durch Naturalteilung (Realteilung), nur ausnahmsweise durch Zivilteilung (gerichtliche Versteigerung mit Erlösaufteilung).
Wichtig: Eine Sonderform der Realteilung ist die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum im Teilungsverfahren (§ 3 Abs 1 Z 3 WEG) – sie hat Vorrang vor der Zivilteilung, wenn sie möglich und tunlich ist.
2) Wann Aufhebung von Wohnungseigentum (WE-Löschung) sinnvoll ist
Alle wollen das Haus als Ganzes veräußern oder neu ordnen (z. B. Generalsanierung, spätere Neu-Begründung von WE). In solchen Fällen kann die Löschung der bestehenden WE-Struktur sinnvoll sein – aber nur einvernehmlich und unter Einbindung der Buchberechtigten.
Wenn eine WE-Struktur nicht mehr trägt (z. B. unzweckmäßige Parifizierung) und alle die Neuaufstellung wollen, gilt: „Berichtigung“ ersetzt keine Aufhebung; vielfach ist aufheben & neu begründen der rechtssichere Weg.
Kein Konsens?
Ohne Einigkeit keine WE-Löschung. Dann bleibt als Option die Teilung der Liegenschaft (siehe unten) – mit dem Vorrang der Realteilung.
3) Wann die Realteilung die bessere Route ist – und was dafür nötig ist
Grundsatz des Vorrangs der Realteilung: Zivilteilung (Zwangsversteigerung) ist nur zulässig, wenn Realteilung unmöglich/untunlich ist. Das gilt auch für die Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum im Verfahren.
Voraussetzungen aus der Rechtsprechung
Wohnungseigentumstaugliche Objekte müssen vorhanden sein oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden können; die entstehenden Teile müssen annähernd gleich beschaffen/gleichwertig sein (Wertharmonisierung über maßvolle Ausgleichszahlungen ist möglich).
Zuweisungslogik: Wer bereits eine bestimmte Einheit benützt, soll diese im Regelfall zugewiesen bekommen – das reduziert Reibungspunkte.
Wann ist eine Realteilung unmöglich? Wenn sie rechtliche Hindernisse hat oder zu wesentlicher Wertminderung der Sache führt (bei einzelnen Gebäuden häufig der Fall). Dann darf (und muss) auf Zivilteilung ausgewichen werden.
4) Zivilteilung (Versteigerung) – ultima ratio und wann sie sinnvoll ist
Kommt Realteilung nicht in Frage (technisch, rechtlich oder wirtschaftlich), bleibt die Zivilteilung. Sie beendet die Gemeinschaft sicher, ist aber markt- und kostenabhängig (Versteigerungserlös, Gebühren). Taktischer Einsatz: bei unteilbaren Ein-Haus-Konstellationen, extrem ungleichen Werten oder blockierenden Gegenparteien, wenn Realteilung untunlich ist.
5) Acht häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden
Strukturfehler lassen sich nicht einfach „berichtigen“. Nötig ist ein sauberes Aufheben & Neu-Begründen – mit allen formalen Zustimmungen.
Wer vorschnell Zivilteilung klagt, obwohl Realteilung möglich wäre, riskiert ein Abweisen des Begehrens.
Realteilung verlangt Teile annähernd gleicher Beschaffenheit/Wert; ohne Ausgleichslogik scheitern viele Konzepte.
Seit 2002 ist bei Neubegründung WE an allen tauglichen Objekten gleichzeitig zu begründen – Teillösungen gehen nicht.
Bei Einzelgebäuden spricht oft die Wertminderung gegen Naturalteilung. Früh eine Wert-/Machbarkeitsanalyse einholen.
Bestehende Benützungsverhältnisse sind bei der Zuweisung mitzudenken – das spart Streit.
Ohne alle Miteigentümer und Buchberechtigte geht die WE-Löschung nicht.
Für die Zivilteilung muss die Untunlichkeit der Realteilung substantiiert werden (technisch/ökonomisch/rechtlich).
6) Konkrete Fragen, klare Antworten
Wenn alle Eigentümer und Buchberechtigten einverstanden sind, kann die WE-Löschung erfolgen und der Verkauf als „Ganzes“ vorbereitet werden. Ohne Konsens ist dieser Weg verschlossen; dann ist eine Teilungslösung zu prüfen.
Nur wenn Realteilung unmöglich/untunlich ist. Besteht die Option WE-Begründung mit annähernd gleichwertiger Zuweisung, hat Realteilung Vorrang und ein reines Zivilteilungsbegehren scheitert.
Oft nein – wegen rechtlicher/technischer Hindernisse oder wesentlicher Wertminderung. Dann bleibt – gut begründet – die Zivilteilung.
Ja. Seit 2002 ist WE an allen tauglichen Objekten gleichzeitig zu begründen. „Halbe“ Lösungen sind unzulässig.