Die perfekte Scheidungsfolgenvereinbarung – so gelingt Ihre einvernehmliche Scheidung in Österreich

Zwei Personen, welche miteinander diskutieren
Zwei Personen, welche miteinander diskutieren

Die perfekte Scheidungsfolgenvereinbarung – so gelingt Ihre einvernehmliche Scheidung in Österreich

Eine einvernehmliche Scheidung kann der friedlichste Weg aus einer gescheiterten Ehe sein – aber nur, wenn die rechtlichen Folgen sauber geregelt sind. Genau das leistet die Scheidungsfolgenvereinbarung. Sie entscheidet darüber, ob nach der Scheidung Ruhe einkehrt oder ob in ein paar Jahren der nächste Streit vor Gericht droht. In diesem Beitrag erklären wir, was in eine Scheidungsfolgenvereinbarung in Österreich hineingehört, welche typischen Fehler Sie vermeiden sollten und wie Sie Schritt für Schritt zu einer Vereinbarung kommen, die Sie, Ihren Ex-Partner und vor allem Ihre Kinder schützt.

1. Was eine Scheidungsfolgenvereinbarung ist – und warum sie so wichtig ist

Bei der einvernehmlichen Scheidung in Österreich ist die Scheidungsfolgenvereinbarung das Herzstück. Sie ist der Vertrag, in dem Sie mit Ihrem (noch) Ehepartner regeln, was nach der Scheidung gelten soll: Wer bekommt welche Vermögenswerte, wer bleibt in der Ehewohnung, wie werden Kredite weiterbezahlt, wie hoch ist der Unterhalt für Kinder und gegebenenfalls für den Ehegatten, bei wem leben die Kinder und wie läuft das Kontaktrecht.

Ohne eine solche Vereinbarung gibt es keine einvernehmliche Scheidung. Das Gesetz verlangt, dass sich beide Ehepartner über die wichtigsten Scheidungsfolgen einigen. Gelingt das nicht, bleibt nur die strittige Scheidung – mit deutlich mehr Zeit, Nerven und Kosten.

Unsere ehrliche Antwort: In der Praxis sehen wir immer wieder, dass solche Mustervereinbarungen später zu Problemen führen. Sie sind oft zu allgemein, passen nicht zur konkreten Lebenssituation und lassen genau jene Punkte offen, die später Streit auslösen. Was heute „eh klar“ ist, ist in zwei Jahren vielleicht nicht mehr so klar – und dann steht man ohne saubere Regelung da.

2. Die rechtlichen Voraussetzungen der einvernehmlichen Scheidung

Damit eine einvernehmliche Scheidung nach österreichischem Recht überhaupt möglich ist, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Ehe muss unheilbar zerrüttet sein.

  • Die eheliche Lebensgemeinschaft muss seit mindestens sechs Monaten aufgehoben sein. Das bedeutet nicht zwingend, dass Sie getrennte Wohnungen haben, aber das gemeinsame Leben als Ehepaar muss faktisch beendet sein.

  • Beide Ehepartner müssen die Scheidung wollen und einen entsprechenden Antrag stellen.

  • Und: Sie müssen sich über die Scheidungsfolgen einigen und diese in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln.

In dieser Vereinbarung müssen jedenfalls der Unterhalt zwischen den Ehegatten, die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse, eventuelle Schulden sowie – wenn Kinder vorhanden sind – Obsorge, Kindesunterhalt und Kontaktrecht geregelt werden. Die Vereinbarung kann schriftlich vorgelegt oder im Rahmen des Scheidungstermins vor Gericht mündlich zu Protokoll gegeben werden. In beiden Fällen ist es entscheidend, dass der Inhalt durchdacht und rechtlich stimmig ist.

3. Kinder, Obsorge und Kontaktrecht – das Zentrum vieler Sorgen

In der Scheidungsfolgenvereinbarung wird festgehalten, wer die Obsorge ausübt, wo die Kinder hauptsächlich leben und wie das Kontaktrecht gestaltet ist. Häufig wird die gemeinsame Obsorge vereinbart, mit einem Elternteil als hauptsächlichem Betreuungselternteil. Daneben wird geregelt, wie Wochenenden, Feiertage und Ferien aufgeteilt werden und wer die Kinder wann abholt und zurückbringt.

Ja, ein Wechselmodell (Doppelresidenz) ist rechtlich möglich, wenn es organisatorisch machbar ist und dem Kindeswohl entspricht. Gerade in solchen Modellen ist es aber besonders wichtig, die Betreuungszeiten und die finanziellen Regelungen (insbesondere Unterhalt und Kostenaufteilung) sehr klar zu definieren. Wenn das nicht geschieht, entstehen schnell Missverständnisse: Wer zahlt welche Kleidung, wer welche Hobbys, wer welche Schulkosten?

Entscheidend ist, dass die Kontaktregelung nicht nur für „die nächsten zwei Monate“ passt, sondern auch langfristig tragfähig ist. Kinder werden älter, wechseln Schule, entwickeln Hobbys – die Vereinbarung muss genug Klarheit bieten, aber auch ein gewisses Maß an Flexibilität zulassen.

4. Kindesunterhalt

Beim Kindesunterhalt geht es nicht nur um eine monatliche Summe. Es geht darum, den Lebensbedarf der Kinder realistisch abzudecken. In der Scheidungsfolgenvereinbarung sollte daher nicht nur stehen, wie hoch der laufende Unterhalt ist, sondern auch, wie mit Sonderkosten umgegangen wird – also etwa mit Brillen, Zahnspangen, Nachhilfe, Sportkursen oder Schullandwochen.

Wenn dieser Betrag später zu niedrig ist und der andere Elternteil den Unterhalt anheben möchte, kann es zu Diskussionen und Konflikten kommen. Besser ist es, den Unterhalt an den gesetzlichen Grundsätzen auszurichten und gleichzeitig klar zu vereinbaren, wie mit besonderen Ausgaben umgegangen wird. Sehr sinnvoll sind auch Valorisierungsklauseln, damit der Unterhalt sich an die Inflation oder an geänderte Einkommensverhältnisse anpassen kann, ohne jedes Mal einen Rechtsstreit zu brauchen.

5. Ehegattenunterhalt – Stolperstein und Sicherheitsnetz zugleich

Der Ehegattenunterhalt ist einer der sensibelsten Punkte in einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Viele Ehegatten möchten „ihre Ruhe haben“ und unterschreiben vorschnell einen Unterhaltsverzicht. Oft ärgern sie sich später darüber – entweder, weil sie sich benachteiligt fühlen oder weil sie in eine finanzielle Notlage geraten, die so nicht absehbar war.

Rein rechtlich ist ein Unterhaltsverzicht möglich, aber er sollte sehr gut überlegt sein. Wer lange nicht oder nur sehr eingeschränkt gearbeitet hat, steht nach der Scheidung oft ohne ausreichendes Einkommen und ohne ausreichende Pensionsansprüche da. In der Scheidungsfolgenvereinbarung kann man hier mit befristeten Unterhaltsregelungen, Staffelungen oder Kombinationen mit einer Vermögensaufteilung arbeiten. Ein kompletter und endgültiger Verzicht kann im Einzelfall unzulässig sein oder später zu Konflikten führen – insbesondere, wenn eine Partei in unverschuldete Not gerät.

Auch hier ist es wichtig, nicht nur an „jetzt sofort“, sondern an die nächsten Jahre zu denken: Wie entwickeln sich die Erwerbsmöglichkeiten? Wann ist ein Wiedereinstieg in den Beruf geplant? Welche gesundheitlichen Risiken sind absehbar? Die „perfekte“ Scheidungsfolgenvereinbarung baut keine Luftschlösser, sondern bildet die Realität möglichst ehrlich ab.

6. Vermögensaufteilung und Ehewohnung – hier geht es meist um viel Geld

Die Vermögensaufteilung ist häufig der wirtschaftlich wichtigste Teil der Scheidungsfolgenvereinbarung. Aufgeteilt werden grundsätzlich das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse. Besonders relevant sind Immobilien wie Haus oder Wohnung und damit verbundene Kredite.

Die Scheidungsfolgenvereinbarung kann regeln, wer im Haus bleibt, wer auszieht, ob und in welcher Höhe eine Ausgleichszahlung gezahlt wird und wer die Kreditraten übernimmt. Was sie nicht automatisch kann: Die Bank binden. Die Bank darf weiterhin beide Kreditnehmer in Anspruch nehmen, solange sie vertraglich dazu berechtigt ist. Deshalb ist es oft notwendig, die Vereinbarung mit der Bank abzustimmen – zum Beispiel durch eine Kreditübernahme, Umschuldung oder eine andere Sicherungslösung.

Wenn im Zuge der Scheidung auch Eigentum an Liegenschaften übertragen wird (etwa wenn ein Ehegatte Alleineigentümer der Ehewohnung werden soll), sind zusätzliche Formvorschriften zu beachten. Hier kommen grundbuchsfähige Urkunden, Notariatsakte und beglaubigte Unterschriften ins Spiel. Dieser formale Aufwand ist wichtig, damit die Vereinbarung später auch tatsächlich umgesetzt werden kann und nicht nur „auf dem Papier“ existiert.

7. Schulden – der unterschätzte Streitpunkt

Neben Vermögen gibt es in vielen Ehen auch Schulden: Kredite, Leasingverträge, überzogene Konten oder Bürgschaften. In der Scheidungsfolgenvereinbarung sollten sämtliche Verbindlichkeiten sauber aufgelistet und klar zugeordnet werden. Wer übernimmt welchen Kredit? Gibt es einen finanziellen Ausgleich, wenn eine Person mehr Schulden übernimmt? Was passiert, wenn eine Person ihre Verpflichtungen nicht erfüllt?

Ein häufiger Irrtum besteht darin zu glauben, dass eine interne Vereinbarung automatisch dazu führt, dass Dritte – also insbesondere Banken – die Verantwortung anders beurteilen. Das ist nicht der Fall. Die interne Regelung wirkt primär zwischen Ihnen und Ihrem Ex-Partner. Gegenüber der Bank kann weiterhin derjenige haften, der den Vertrag unterschrieben hat. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Kombination aus Scheidungsfolgenvereinbarung und vertraglichen Lösungen mit den Gläubigern.

8. Langfristige Folgen: Sozialversicherung, Pension und Absicherung

Vor allem bei langen Ehen und bei klassischer Rollenverteilung (einer arbeitet Vollzeit, der andere kümmert sich primär um Haushalt und Kinder) sollten Sie auch die sozialversicherungsrechtlichen und pensionsrechtlichen Konsequenzen der Scheidung mitdenken. Mit der Ehe enden etwa mitunter Mitversicherungsmöglichkeiten, und es stellt sich die Frage, wie die eigene Altersvorsorge aussieht.

In einer guten Scheidungsfolgenvereinbarung kann – neben Unterhalt und Vermögensaufteilung – auch überlegt werden, ob zusätzliche Absicherungen sinnvoll sind, etwa über Lebensversicherungen, Pensionszusagen oder Begünstigtenregelungen. Solche Lösungen sind individuell und erfordern eine Kombination aus rechtlicher und wirtschaftlicher Beratung.

9. Typische Fehler – und wie man sie vermeidet

In unserer Beratungspraxis sehen wir einige Fehler immer wieder. Dazu gehört der pauschale Unterhaltsverzicht, ohne die langfristigen Folgen zu kennen. Ebenso problematisch sind vage Formulierungen zur Ehewohnung oder zum Kontaktrecht, etwa „Wir regeln das später“ oder „Die Kinder sind einfach dann beim anderen Elternteil, wenn es sich ausgeht“. Solche unklaren Regelungen sind geradezu eine Einladung zum Streit.

Ein weiteres Problem ist das Fehlen von Anpassungsklauseln. Das Leben ändert sich: Einkommen steigen oder fallen, Menschen werden krank, Kinder werden volljährig, neue Partnerschaften entstehen. Eine Scheidungsfolgenvereinbarung, die so tut, als wäre alles für die nächsten 20 Jahre fix, ist selten wirklich lebensnah. Besser ist es, Mechanismen einzubauen, die es erleichtern, auf geänderte Umstände zu reagieren, ohne jedes Mal ein großes Verfahren führen zu müssen.

Fazit

Eine Scheidung ist emotional belastend – selbst dann, wenn man sich „im Guten“ trennt. Gerade deshalb ist es so wichtig, die rechtlichen Folgen nicht dem Zufall oder einem Internet-Muster zu überlassen. Eine durchdachte Scheidungsfolgenvereinbarung sorgt dafür, dass die wichtigsten Fragen geklärt sind: Wie es den Kindern geht, wie Sie finanziell abgesichert sind, was mit Haus, Wohnung und Krediten passiert und wie Sie beide nach der Scheidung leben können, ohne ständig über alte Themen zu streiten.

Wenn Sie eine einvernehmliche Scheidung planen oder eine bereits vorbereitete Vereinbarung prüfen lassen möchten, begleiten wir Sie gerne – fachlich präzise, menschlich klar und mit dem Ziel, dass Sie nach der Scheidung wirklich neu beginnen können.

Aufhebung von Wohnungseigentum & Realteilung in Österreich: Wann lohnt sich der Schritt wirklich?

Puzzle eines Gebäudes, welches aus Geldscheinen besteht
Puzzle eines Gebäudes, welches aus Geldscheinen besteht

Aufhebung von Wohnungseigentum & Realteilung in Österreich: Wann lohnt sich der Schritt wirklich?

Zerstrittene Miteigentümer, festgefahrene Hausgemeinschaften oder der Wunsch, ein Objekt „sauber“ zu trennen bzw. als Ganzes zu verkaufen: In solchen Situationen liegen oft zwei Werkzeuge am Tisch – Aufhebung von Wohnungseigentum (WE) und Realteilung (inkl. Teilung durch gerichtliche Begründung von Wohnungseigentum). Dieser Leitfaden erklärt verständlich, wann welches Instrument Sinn macht, welche Voraussetzungen gelten und wie Sie taktisch vorgehen, damit am Ende Rechtssicherheit und wirtschaftlicher Nutzen zusammenpassen.

1) Die Ausgangsfrage: Aufheben – oder teilen?

Wohnungseigentum endet entweder durch Untergang des Objekts oder durch Löschung nach Verzicht. Für die Löschung ist – praktisch – Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer:innen und der Buchberechtigten (z. B. Pfandgläubiger) erforderlich. Ohne diesen Konsens ist die bloße „Rückabwicklung“ von WE nicht möglich.

Ziel ist die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft – vorrangig durch Naturalteilung (Realteilung), nur ausnahmsweise durch Zivilteilung (gerichtliche Versteigerung mit Erlösaufteilung).

Wichtig: Eine Sonderform der Realteilung ist die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum im Teilungsverfahren (§ 3 Abs 1 Z 3 WEG) – sie hat Vorrang vor der Zivilteilung, wenn sie möglich und tunlich ist.

2) Wann Aufhebung von Wohnungseigentum (WE-Löschung) sinnvoll ist

Alle wollen das Haus als Ganzes veräußern oder neu ordnen (z. B. Generalsanierung, spätere Neu-Begründung von WE). In solchen Fällen kann die Löschung der bestehenden WE-Struktur sinnvoll sein – aber nur einvernehmlich und unter Einbindung der Buchberechtigten.

Wenn eine WE-Struktur nicht mehr trägt (z. B. unzweckmäßige Parifizierung) und alle die Neuaufstellung wollen, gilt: „Berichtigung“ ersetzt keine Aufhebung; vielfach ist aufheben & neu begründen der rechtssichere Weg.

Kein Konsens?
Ohne Einigkeit keine WE-Löschung. Dann bleibt als Option die Teilung der Liegenschaft (siehe unten) – mit dem Vorrang der Realteilung.

3) Wann die Realteilung die bessere Route ist – und was dafür nötig ist

Grundsatz des Vorrangs der Realteilung: Zivilteilung (Zwangsversteigerung) ist nur zulässig, wenn Realteilung unmöglich/untunlich ist. Das gilt auch für die Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum im Verfahren.

Voraussetzungen aus der Rechtsprechung

Wohnungseigentumstaugliche Objekte müssen vorhanden sein oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden können; die entstehenden Teile müssen annähernd gleich beschaffen/gleichwertig sein (Wertharmonisierung über maßvolle Ausgleichszahlungen ist möglich).

Zuweisungslogik: Wer bereits eine bestimmte Einheit benützt, soll diese im Regelfall zugewiesen bekommen – das reduziert Reibungspunkte.

Wann ist eine Realteilung unmöglich? Wenn sie rechtliche Hindernisse hat oder zu wesentlicher Wertminderung der Sache führt (bei einzelnen Gebäuden häufig der Fall). Dann darf (und muss) auf Zivilteilung ausgewichen werden.

4) Zivilteilung (Versteigerung) – ultima ratio und wann sie sinnvoll ist

Kommt Realteilung nicht in Frage (technisch, rechtlich oder wirtschaftlich), bleibt die Zivilteilung. Sie beendet die Gemeinschaft sicher, ist aber markt- und kostenabhängig (Versteigerungserlös, Gebühren). Taktischer Einsatz: bei unteilbaren Ein-Haus-Konstellationen, extrem ungleichen Werten oder blockierenden Gegenparteien, wenn Realteilung untunlich ist.

5) Acht häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden

Strukturfehler lassen sich nicht einfach „berichtigen“. Nötig ist ein sauberes Aufheben & Neu-Begründen – mit allen formalen Zustimmungen.

Wer vorschnell Zivilteilung klagt, obwohl Realteilung möglich wäre, riskiert ein Abweisen des Begehrens.

Realteilung verlangt Teile annähernd gleicher Beschaffenheit/Wert; ohne Ausgleichslogik scheitern viele Konzepte.

Seit 2002 ist bei Neubegründung WE an allen tauglichen Objekten gleichzeitig zu begründen – Teillösungen gehen nicht.

Bei Einzelgebäuden spricht oft die Wertminderung gegen Naturalteilung. Früh eine Wert-/Machbarkeitsanalyse einholen.

Bestehende Benützungsverhältnisse sind bei der Zuweisung mitzudenken – das spart Streit.

Ohne alle Miteigentümer und Buchberechtigte geht die WE-Löschung nicht.

Für die Zivilteilung muss die Untunlichkeit der Realteilung substantiiert werden (technisch/ökonomisch/rechtlich).

6) Konkrete Fragen, klare Antworten

Wenn alle Eigentümer und Buchberechtigten einverstanden sind, kann die WE-Löschung erfolgen und der Verkauf als „Ganzes“ vorbereitet werden. Ohne Konsens ist dieser Weg verschlossen; dann ist eine Teilungslösung zu prüfen.

Nur wenn Realteilung unmöglich/untunlich ist. Besteht die Option WE-Begründung mit annähernd gleichwertiger Zuweisung, hat Realteilung Vorrang und ein reines Zivilteilungsbegehren scheitert.

Oft nein – wegen rechtlicher/technischer Hindernisse oder wesentlicher Wertminderung. Dann bleibt – gut begründet – die Zivilteilung.

Ja. Seit 2002 ist WE an allen tauglichen Objekten gleichzeitig zu begründen. „Halbe“ Lösungen sind unzulässig.

Altbau clever sanieren: Denkmalschutz, Substandard & Dachausbau in Österreich – was rechtlich wirklich zählt

Mit einem Maßband wurde ein Haus geformt
Mit einem Maßband wurde ein Haus geformt

Altbau clever sanieren: Denkmalschutz, Substandard & Dachausbau in Österreich – was rechtlich wirklich zählt

Altbau-Sanierungen sind Zukunftsaufgaben – technisch anspruchsvoll und rechtlich vielschichtig. Ob denkmalgeschütztes Haus, Substandardwohnung (Kategorie D) oder Dachbodenausbau: Die Stellschrauben liegen im Denkmalschutzgesetz (DMSG), in den Bauordnungen der Länder (z. B. Wien) sowie im Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Dieser Leitfaden bündelt die wichtigsten rechtlichen Aspekte in klarer Sprache.

1) Denkmalschutz: Wann braucht es eine Bewilligung – und von wem?

Steht ein Objekt unter Denkmalschutz, ist für jede Veränderung, die Bestand, Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen kann, vorab eine Bewilligung des Bundesdenkmalamts (BDA) einzuholen (§ 5 DMSG). Das betrifft nicht nur Umbauten und Restaurierungen, sondern auch kleine Eingriffe an Substanz und Erscheinungsbild. Das BDA stellt Online-Anträge und Erläuterungen zum Verfahren bereit.

Wichtig: Der Denkmalschutz ist Bundesrecht (DMSG, RIS), die Bauausführung zusätzlich landesrechtlich (Bauordnungen) geregelt. Beides muss passen. Das DMSG regelt Unterschutzstellung (kraft gesetzlicher Vermutung, per Verordnung, per Bescheid) und Eingriffsschwellen; Details finden Sie in der geltenden DMSG-Fassung.

Praxis-Tipp: In historischen Ensembles (z. B. Wiener Schutzzonen) greifen neben dem DMSG auch städtebauliche Gestaltungsregeln (Ortsbild/Maßstäblichkeit). Spätestens bei Fenstern, Dach, Gauben, Technikaufbauten frühzeitig BDA + Baubehörde einbinden.

2) Substandard (Kategorie D): Standardanhebung & Mieten – Chancen und Pflichten

Substandardwohnungen (Kategorie D) sind Einheiten ohne WC oder ohne Wasserstelle in der Wohnung (oder unbrauchbar). Für sie gelten besondere Mietzins- und Verbesserungsregeln.

Verhindert ein Mieter die Verbesserung (z. B. Anhebung auf Kategorie C), kann das einen Kündigungsgrund bilden – Ersatzbeschaffungspflicht bleibt.

Die Ausstattungskategorie richtet sich nach dem Zustand beim Mietvertragsabschluss (§ 15a MRG). Mängel müssen angezeigt werden; unterbleibt die Nachbesserung, beeinflusst das die Einstufung. Kategoriebeträge sind gesetzlich valorisiert.

Amtliche und verbraucherorientierte Übersichten erklären Kategorie-Merkmale und Brauchbarkeit praxisnah.

Strategie für Eigentümer: Substandard-Objekte sind Sanierungschancen – rechtssicher planen (Mietrecht, Bauordnung), Mietzins-Konsequenzen kalkulieren und Förderkulissen (stadt/landesweit) prüfen.

3) Dachbodenausbau & Aufstockung: Baurecht + WEG + Ortsbild im Gleichklang

Baurechtlich wird der Dachbodenausbau je nach Ausführung als Zubau/Umbau/Änderung behandelt, oft mit Gestaltungsprüfung (§ 85 BO Wien) und MA 19-Begutachtung. Die Bauordnungs- und Verwaltungspraxis (MA 19/MA 37) stellt Leitfäden bereit; häufig zu beachten sind Brandschutz, Fluchtwege, Schallschutz, Belichtung und barrierefreie Erschließung (Aufzug: Anforderungen nach BO und Verwaltungspraxis).

Wohnungseigentum (WEG): Dachräume sind regelmäßig Allgemeinteile. Für den Ausbau braucht es die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder deren gerichtliche Ersetzung (§ 16 WEG). Bei komplexen Dachgeschosszubauten betrachtet der OGH alle Teilmaßnahmen als Gesamtheit – das Zustimmungsregime lässt sich nicht durch „Aufsplitten“ umgehen.

Ortsbild & Dach: Gauben, Aufbauten und Dachformen müssen maßstäblich bleiben; aktuelle Rechtsprechung des VwGH betont die Proportionen und Stadtbildverträglichkeit bei Dachgauben. Frühzeitige Gestaltungsabstimmung verkürzt Verfahren.

4) So gehen Sie vor: Die 8-Punkte-Route zur rechtssicheren Altbausanierung

Liegt Denkmalschutz vor (BDA-Abfrage/ Bescheid)? Befindet sich das Objekt in einer Schutzzone? Welche Bebauungs-/Widmungsauflagen gelten?

Technikkonzept (Statik, Brand-/Schallschutz), Gestaltung (Dach, Fassade, Fenster), Wirtschaftlichkeit (insb. bei Abbruchdiskussion).

Antrag samt Plänen/Fotos – Veränderungsbewilligung einholen.

n Wien z. B. Gestaltungsprüfung § 85 BO, MA 19-Begutachtung und Baueinreichung (Umbau/Zubau/Änderung).

Betreffen Maßnahmen Allgemeinteile oder schutzwürdige Interessen, Zustimmung aller oder gerichtliche Ersetzung vorbereiten (Dokumentation ist Trumpf).

Bei Substandard Standardanhebung, Mietzins-System (Richtwert/Kategorien) und Erhaltungsarbeiten sauber aufsetzen.

Prüfen, ob Aufzug/Adaptierungen ausgelöst werden (BO-Anforderungen, Verwaltungspraxis MA 37).

Eigentümer, Mieter, Verwaltung und Behörden früh informieren; Unterlagen beweissicher führen (Pläne, Gutachten, Fotodoku).

5) Häufige Fragen – präzise Antworten

Ja. Jede Veränderung, die Bestand/Erscheinung beeinträchtigt, ist bewilligungspflichtig (BDA). Zusätzlich greifen Gestaltungsregeln der Bauordnung.

Ortsbild/Maßstäblichkeit (Gauben, Aufbauten), brandschutz-gerechte Fluchtwege, Schallschutz, oft Fragen der barrierefreien Erschließung (Aufzug). Zudem WEG-Zustimmung oder gerichtliche Ersetzung.

Ja, der Gesetzgeber fördert Verbesserungen: Die Verhinderung einer Standardanhebung durch den Mieter kann sogar kündigungsrelevant sein.

Fazit

Wer Altbauten rechtssicher sanieren will, muss mehrgleisig denken: Denkmalschutz korrekt beantragen, Ortsbild-/Schutzzonenregeln einhalten, WEG-Zustimmungen strategisch einholen (oder ersetzen lassen), Mietrecht sauber abbilden – und das alles mit technisch belastbaren Unterlagen. Genau hier setzen wir an.

Nutzungsänderung im Wohnungseigentum in Österreich: Wohnen ↔ Ordination/Büro ↔ Kurzzeitvermietung (Airbnb) – was wirklich gilt

Ein Richterhammer befindet sich neben einem Haus
Ein Richterhammer befindet sich neben einem Haus

Nutzungsänderung im Wohnungseigentum in Österreich: Wohnen ↔ Ordination/Büro ↔ Kurzzeitvermietung (Airbnb) – was wirklich gilt

„Darf ich meine Wohnung als Ordination nutzen?“ – „Reicht es, das Büro als ‚still‘ zu deklarieren?“ – „Ist Kurzzeitvermietung (Airbnb) ohne Weiteres erlaubt?“ Wer im Wohnungseigentum (WEG) die Widmung/Nutzung seines Objekts ändern will, bewegt sich zwischen Privatrecht (WEG/Widmung im WE-Vertrag) und Öffentlichem Recht (z. B. Wiener Bauordnung). Dieser Leitfaden erklärt klar, welche Varianten typischerweise genehmigungsfähig sind und wo die Fallstricke liegen.

1) Das Fundament: § 16 WEG – „Änderungen einschließlich Widmungsänderungen“

Änderungen – einschließlich Widmungsänderungen – am Wohnungseigentumsobjekt sind zulässig, bedürfen aber der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer, sofern deren schutzwürdige Interessen auch nur möglich beeinträchtigt sind. Werden für die Änderung Allgemeinteile in Anspruch genommen, muss sie zusätzlich verkehrsüblich sein oder einem wichtigen Interesse des Eigentümers dienen. Eine verweigerte Zustimmung kann das Gericht ersetzen.

Praxisfolge: Die Frage ist nicht „gefällt es den anderen?“, sondern: Sind nachteilige Auswirkungen möglich? – Lärm, Frequenz, Sicherheits- und Brandschutzthemen, Besucherströme, Optik, aber auch Hausfrieden.

2) Wohnen → Kurzzeitvermietung (Airbnb & Co.): genehmigungspflichtige Widmungsänderung

Der OGH hat es mehrfach klargestellt: Die wiederholte kurzfristige Vermietung einer als „Wohnung“ gewidmeten Einheit zu Fremdenverkehrszwecken ist eine Widmungsänderung, die Zustimmung (oder gerichtliche Genehmigung) braucht.

Zusatz Wien: Seit 1. Juli 2024 gilt in Wien eine 90-Tage-Grenze für Kurzzeitvermietungen außerhalb von Wohnzonen (Details in der Bauordnung für Wien, § 119 Abs 2a). Das ist kein Ersatz für die WE-Zustimmung, sondern eine zusätzliche Schranke. Sie brauchen beides: WE-Rechtslage und Bauordnungs-/Zonen-Konformität.

Wichtig: Airbnb ≠ normales Vermieten. Ohne korrekte Widmung/Zustimmung drohen Unterlassungsansprüche und Kosten.

3) Wohnen → Ordination/Büro: wann zulässig, wann genehmigungspflichtig?

Entscheidend ist die vereinbarte Widmung im Wohnungseigentumsvertrag (WE-Vertrag). Der OGH prüft stets: Welche Widmung gilt? Und: Deckt sie die beabsichtigte Nutzung?

Ordination in der Wohnung: Keine Widmungsänderung, wenn der WE-Vertrag ausdrücklich Tätigkeiten erlaubt, „die üblicherweise in einer Wohnung ausgeübt werden“. Eine kleine Arztpraxis kann darunter fallen – im Einzelfall.

Unspezifizierte Geschäftsraumwidmung: Bei „Geschäftsraum“ ohne nähere Einschränkung sind breitere Nutzungen (etwa ein Fitness-Studio) von der Widmung oft gedeckt; die Gerichte haben dies mehrfach so gewertet.

Konsequenz: Steht im WE-Vertrag „Wohnung“, ist der Sprung zu Büro/Ordination regelmäßig genehmigungspflichtig (Interessenabwägung nach § 16 WEG). Steht „Geschäftsraum“, ist vieles abgedeckt – aber: Lärm/Frequenz/Sicherheit können trotz passender Widmung eine Beeinträchtigung begründen und Auflagen erfordern.

4) Der heikle Grenzfall: „konkludente“ oder nachträgliche Genehmigung

Zwei Wege entschärfen Praxisfälle:

  1.  Konkludente Zustimmung aller Miteigentümer kann ausnahmsweise angenommen werden, wenn eine abweichende Nutzung lange, allgemein erkennbar und widerspruchslos hingenommen wurde. Das bleibt die Ausnahme und ist rechtlich riskant zu behaupten.

  2. Nachträgliche gerichtliche Ersetzung der Zustimmung ist möglich, selbst wenn schon umgestellt/gebaut wurde. Das Gericht prüft dann streng die Interessen und die Eignung der Nutzung (Belege/Gutachten!).

5) Typische Fragen – pointiert beantwortet

In Wien überschreitet das die 90-Tage-Grenze; zusätzlich bleibt es im WEG meist eine genehmigungspflichtige Widmungsänderung. Sie brauchen öffentliche und private Zulässigkeit.

Kommt auf die Widmung an. Erlaubt der WE-Vertrag Tätigkeiten, die üblich in Wohnungen ausgeübt werden, kann eine kleine Ordination ohne Widmungsänderung zulässig sein – Einzelfallprüfung!

Oft ja; die Rechtsprechung wertet unspezifizierte Geschäftsraumwidmung weit. Beachten Sie dennoch Immissionen und Sicherheit; bei möglicher Beeinträchtigung braucht es Zustimmung/Gericht.

Nein. Zustimmen müssen die anderen Eigentümer (oder das Gericht ersetzt die Zustimmung). Die Hausverwaltung kann das nicht alleine.

Bauliche Änderungen im Wohnungseigentum in Österreich: Zustimmungspflicht, Allgemeinteile & die spürbare Nachteiligkeit einfach erklärt

Ein Mann arbeitet an einem Laptop, der Laptop steht auf einem Bauplan
Ein Mann arbeitet an einem Laptop, der Laptop steht auf einem Bauplan

Bauliche Änderungen im Wohnungseigentum in Österreich: Zustimmungspflicht, Allgemeinteile & die spürbare Nachteiligkeit einfach erklärt

Neue Fenster, eine Balkonverglasung, Leitungen für die neue Küche, ein Ladepunkt in der Tiefgarage oder die kleine PV-Anlage am Balkon: Im Wohnungseigentum ist das Spielfeld größer als „meine vier Wände“. § 16 WEG regelt, wann Sie frei gestalten dürfen, wann Sie die anderen Eigentümer brauchen – und wie Gerichte beurteilen, ob eine Änderung „spürbar nachteilig“ ist. Dieser Beitrag fasst die Rechtslage verständlich zusammen, zeigt typische Stolpersteine und gibt Ihnen eine klare Schritt-für-Schritt-Orientierung – damit Ihr Projekt rechtssicher gelingt.

Was § 16 WEG wirklich regelt – der rote Faden für Ihr Vorhaben

Der Ausgangspunkt ist einfach: Änderungen am eigenen Wohnungseigentumsobjekt sind grundsätzlich erlaubt. Sobald aber „schutzwürdige Interessen“ anderer Eigentümer möglich beeinträchtigt werden, brauchen Sie deren Zustimmung – oder eine gerichtliche Ersetzung der Zustimmung. Werden Allgemeinteile (z. B. Fassade, Dach, Außenfenster, Steigleitungen, Tragwerk) in Anspruch genommen, kommen zusätzliche Hürden dazu (Verkehrsüblichkeit oder wichtiges Interesse).

Innenbereich vs. Allgemeinteile – wo verläuft die juristische Linie?

Viele Vorhaben beginnen „innen“, berühren aber in der Praxis Allgemeinteile. Eine Küchenverlegung etwa mag im Grundriss unproblematisch sein; sobald Abwasser in einen bestehenden Steigstrang eingreift oder Mauern (Statik/Brandschutz) betroffen sind, sind wir rechtlich nicht mehr nur „in der eigenen Einheit“. Dann greift § 16 Abs 2 WEG mit den genannten Zustimmungserfordernissen bzw. der Option, fehlende Zustimmungen gerichtlich ersetzen zu lassen. Genau dort passieren die meisten Missverständnisse – und genau dort lohnt es sich, die Planung und Kommunikation sauber aufzusetzen.

„Spürbare Nachteiligkeit“ – was die Gerichte darunter verstehen

Der Gesetzgeber arbeitet mit unbestimmten Begriffen; die Judikatur macht daraus handfeste Leitlinien.

Erstens: Schon die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung löst die Zustimmungspflicht aus – das ist keine Hürde „im Nachhinein“, sondern ein Startsignal für Abstimmung bzw. gerichtliche Genehmigung.

Zweitens: Beim äußeren Erscheinungsbild ist nicht jede „andere“ Optik untersagt; maßgeblich ist eine Verschlechterung des Erscheinungsbilds.

Drittens: Bei Fenstern sind die Gerichte besonders streng: Außenfenster zählen zur Fassade (Allgemeinteil); ihre Änderung kann das Erscheinungsbild beeinträchtigen – daher braucht es regelmäßig Zustimmung bzw. Genehmigung.

Fenster, Balkonverglasung & Co.: Praxisfälle

Fenstertausch (z. B. einflügelig → zweiflügelig) betrifft die Fassade. Schon weil die optische Beeinträchtigung möglich ist, sind Zustimmung oder gerichtliche Genehmigung erforderlich. Wer ohne Einbindung handelt, riskiert Beseitigung und Kosten. Balkonverglasungen sind ebenfalls ein Klassiker: Sie verändern regelmäßig die Außenwirkung und beanspruchen Allgemeinteile – ohne geordnetes Zustimmungs-/Genehmigungsverfahren wird es heikel.

Die Zustimmungsfiktion

Seit der WEG-Novelle 2022 gibt es für bestimmte, politisch gewollte Verbesserungen eine Zustimmungsfiktion: Informieren Sie alle Miteigentümer korrekt, und innerhalb von zwei Monaten kommt kein Widerspruch, dann gilt die Zustimmung als erteilt. Das erleichtert etwa E-Ladestationen (Langsamladen), harmonische Beschattung, Sicherheitstüren und – in Konstellationen wie Reihen-/Einzelhäusern – Solaranlagen.

Wichtig: Auch bei der Fiktion bleibt die Schranke wesentlicher und dauernder Beeinträchtigungen – so etwas muss niemand dulden. Für Vorhaben, die Allgemeinteile beanspruchen, ist die Fiktion also kein „Freibrief“, sondern ein sauberes, gut dokumentiertes Verfahren.

Gerichtliche Ersetzung – wenn die Einigung scheitert oder schon gebaut wurde

Kommt kein Konsens zustande, kann das Außerstreitgericht die fehlende Zustimmung ersetzen – auch nachträglich, wenn bereits gebaut wurde. Entscheidend ist die Interessenabwägung nach § 16 WEG: Wird niemand wesentlich/dauernd beeinträchtigt? Ist die Maßnahme verkehrsüblich oder im wichtigen Interesse? Liegt belastbare Technik-/Sicherheitsunterlage vor? In der Praxis ist genau diese strukturierte Aufbereitung – Planunterlagen, Statik/Brandschutz, optische Einordnung – ausschlaggebend für die Entscheidung.

Tipps für die Praxis

Beginnen Sie mit einer technisch sauberen Planung (Pläne, Statik, Brandschutz, Geräusch/Immission, Optik). Prüfen Sie, ob Allgemeinteile betroffen sind; wenn ja, richten Sie das Verfahren (Zustimmung/Fiktion/Gericht) darauf aus. Kommunizieren Sie schriftlich an alle Miteigentümer und die Verwaltung – vollständig (Beschreibung, Pläne, Rechtsgrundlage, Hinweis auf Zwei-Monats-Frist bei privilegierten Fällen). Dokumentieren Sie alles beweissicher (Fotos, Gutachten, Montageweise, Rückbaupflicht). Und: Verwechseln Sie Baubewilligung nicht mit Miteigentümer-Zustimmung – das eine ersetzt das andere nicht. Wenn es zu Konflikten kommt, ist der Weg über den Außerstreitrichter der richtige – und besser vor als nach der Umsetzung.

Häufige Fragen – klar beantwortet

Nein, denn viele Innenmaßnahmen greifen mittelbar in Allgemeinteile ein (Leitungen, Durchbrüche). Spätestens dann gilt § 16 Abs 2 WEG mit Zustimmung bzw. gerichtlicher Ersetzung.

Nicht automatisch; untersagt ist die Verschlechterung des Erscheinungsbilds. Aber: Bei Fenstern/Verkleidungen schauen Gerichte sehr genau hin.

Ja – das ist möglich und kommt vor. Ob die Genehmigung nachträglich erteilt wird, hängt von der Interessenabwägung und der Qualität Ihrer Unterlagen ab.

Bei privilegierten Maßnahmen sparen Sie den „Unterschriftenmarathon“. Korrekte Verständigung aller Eigentümer und zwei Monate ohne Widerspruch – dann dürfen Sie loslegen. Die Fiktion endet aber bei wesentlichen/dauernden Nachteilen für andere.

Fazit

Im Wohnungseigentum entscheidet nicht nur die technische Machbarkeit, sondern das richtige Verfahren: Prüfen Sie, ob schutzwürdige Interessen anderer möglich beeinträchtigt werden, ob Allgemeinteile betroffen sind und ob Ihr Vorhaben als privilegierte Maßnahme mit Zustimmungsfiktion durchgeht. Wer das beachtet, vermeidet teure Rückbauten – und kommt schneller ans Ziel.

Geldwäscheprävention in der Immobilientreuhand in Österreich: Was Käufer und Verkäufer wissen müssen

Unter einer Lupe befindet sich ein Geldschein
Unter einer Lupe befindet sich ein Geldschein

Geldwäscheprävention in der Immobilientreuhand in Österreich: Was Käufer und Verkäufer wissen müssen

Immobilien sind ein Magnet für Geldwäsche – und genau hier greift die anwaltliche Treuhand mit strengen KYC-Prüfungen, dokumentierter Mittelherkunft und klaren „Stop-Regeln“. In diesem Beitrag zeigen wir – verständlich, praxisnah und mit Checklisten – wie wir Ihre Abwicklung rechtssicher machen, welche Unterlagen wirklich gebraucht werden, wann eine Verdachtsmeldung abzugeben ist und wie Sie typische Stolperfallen elegant vermeiden.

1) Warum ist der Bereich „Immobilie + Treuhand“ besonders sensibel?

Der österreichische Gesetzgeber verpflichtet Rechtsanwälte bei Immobilien-Transaktionen zu erhöhten Sorgfaltspflichten: Identifizierung der Parteien und wirtschaftlichen Eigentümer, risikobasierte Prüfung, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten sowie – bei Verdacht – unverzügliche Meldung an die Geldwäschemeldestelle. Rechtsgrundlage sind §§ 8a ff RAO (Rechtsanwaltsordnung).

Auch staatliche Risikoanalysen stufen Immobilien als besonders aufmerksamkeitsbedürftiges Feld ein – mit Fokus auf komplexe Eigentümerstrukturen, Auslandbezug und ungewöhnliche Zahlungsflüsse.

2) Unser Sicherheitsrahmen: Anderkonto, eTHB & Kammeraufsicht

Treuhand-Anderkonto: Kaufpreise laufen nicht direkt an die Verkäuferseite, sondern auf ein speziell gesichertes Anderkonto. Für Anderkonten gelten besondere Sorgfaltspflichten (AndKo-SoV) – und streng geregelte Bankprozesse.

eTHB/eATHB-Registrierung: Jede Treuhandschaft wird vor Geldannahme in der Treuhandeinrichtung der zuständigen Rechtsanwaltskammer registriert; Statut und Kammeraufsicht sichern die Abwicklung ab.

Ihr Vorteil: Klarer Audit-Trail, Vier-Augen-Prinzip, transparente Auszahlungsreife – und ein dokumentierter Schutzwall gegen Missbrauch.

3) KYC & Mittelherkunft – das brauchen wir von Ihnen (Checkliste)

Amtlicher Lichtbildausweis, Wohnsitz, ggf. PEP-Abklärung (politisch exponierte Person).

Firmenbuchauszug, wirtschaftliche Eigentümer gemäß WiEReG (Feststellung & laufende Überprüfung), ggf. Auszug/Bestätigung.

Eigenmittel-Nachweise (z. B. Sparbuch/Depotauszüge, Schenkungs-/Kaufverträge, Darlehen), bei Auslandsgeldern: Zahlungsfluss belegen.

Kaufvertrag/Anbot, aktueller Grundbuchsauszug, Finanzierungszusage, Bankauflagen (Pfandrecht), Rangordnung, allfällige behördliche Genehmigungen.

Warum das wichtig ist: RAO verlangt risikobasierte Sorgfalt, Dokumentation und fortlaufende Aktualisierung – wir setzen das mit strukturierten Erhebungsbögen und Prüfpunkten um.

4) Red Flags im Immobilien-Alltag

Barzahlungen, Drittkonten, Kettenüberweisungen ohne plausiblen Grund.

Mehrstufige Holdings/Trust-ähnliche Arrangements ohne wirtschaftlichen Zweck.

Auffällige Über-/Unterpreise, schneller Weiterverkauf.

Länder-/Sanktionsrisiken, Offshore-Jurisdiktionen.

5) Verdachtsmeldung – so läuft das rechtssicher ab

Wenn Tatsachen einen Verdacht oder berechtigten Grund nahelegen, dass Gelder aus kriminellen Tätigkeiten stammen oder Terrorismusfinanzierung vorliegt. (Gilt für die in § 8a Abs 1 RAO genannten Tätigkeiten – u. a. Kauf/Verkauf von Immobilien.)

Unverzüglich und ausschließlich über goAML an die A-FIU; die Plattform ist über das Unternehmensserviceportal erreichbar.

Während der Meldungsprüfung Transaktion nicht fortsetzen; es besteht grundsätzlich ein Informationsverbot („Tipping-off“) gegenüber Beteiligten.

Keine Meldepflicht für Informationen, die im Rahmen reiner Rechtsberatung oder Vertretung erlangt wurden – außer die Beratung wird offenkundig zum Zweck der Geldwäsche in Anspruch genommen.

6) Häufige Fragen – direkt gelöst

Alles, was Geldweg und Ursprung nachvollziehbar macht: Konto-/Depotauszüge, Verträge (z. B. Schenkung, Verkauf), Kreditverträge. Fehlen Bausteine, sprechen wir frühzeitig Alternativen durch.

Ja – bei treuhändig abgewickelten Käufen prüfen wir beide Seiten gemäß RAO. Bei Firmenverkäufern zusätzlich wirtschaftliche Eigentümer nach WiEReG.

Sobald alle Auszahlungsbedingungen nachweislich vorliegen (Rangordnung/Einverleibungsfähigkeit, Bankauflagen, Genehmigungen). Das schützt Sie und beschleunigt die Grundbuchseintragung.

Die A-FIU analysiert den Fall; bis zur Freigabe wird die Transaktion grundsätzlich nicht durchgeführt. Kommunikation mit Behörden läuft diskret über uns.

Fazit

Geldwäscheprävention ist nicht nur Bürokratie, sondern Ihr Risikofilter: Je strenger die Vorbereitung, desto sicherer die Abwicklung. Mit Anderkonto, eTHB-Registrierung, risikobasierter Prüfung und – wo nötig – goAML-Meldung sichern wir Ihr Projekt rechtlich, finanziell und zeitlich ab. Kontaktieren Sie uns – wir führen Sie sicher und effizient zum Grundbuchseintrag.

So funktioniert die anwaltliche Treuhand beim Immobilienkauf in Österreich

Eine Person hält ein Haus in ihrer Hand und im Hintergrund schreibt jemand auf einen Zettel
Eine Person hält ein Haus in ihrer Hand und im Hintergrund schreibt jemand auf einen Zettel

So funktioniert die anwaltliche Treuhand beim Immobilienkauf in Österreich

Wer eine Immobilie kauft, will zweierlei: dass der Kaufpreis sicher ist – und dass das Eigentum sauber im Grundbuch landet. Die anwaltliche Treuhand verbindet beides: Ihr Geld wird auf einem gesicherten Anderkonto geparkt und erst ausbezahlt, wenn alle Bedingungen erfüllt sind. Hier erklären wir – klar, praxisnah und mit Checklisten – wie das in Österreich funktioniert, worauf Käufer achten sollten und wie wir Sie durch den Prozess führen.

Was bedeutet „anwaltliche Treuhand“ – und warum gibt es sie?

Bei der Treuhandschaft verwahrt eine Rechtsanwältin/ein Rechtsanwalt den Kaufpreis auf einem Anderkonto und zahlt ihn erst nach Eintritt der vertraglich festgelegten Voraussetzungen an die Verkäuferseite aus. Ziel: Zahlungssicherheit für Käufer und Eigentumssicherheit (Eintragung im Grundbuch) für beide Seiten. In Österreich überwachen die Rechtsanwaltskammern Treuhandabwicklungen über eigene Kontrolleinrichtungen – das „Anwaltliche Treuhandbuch“ (eTHB). Für größere Treuhanderläge (i.d.R. über 40.000 €) oder wenn die Sicherung gesetzlich angeordnet ist, muss die Abwicklung über diese Treuhandeinrichtung erfolgen.

So ist Ihre Zahlung rechtlich und technisch abgesichert

Bevor wir Treuhandgeld annehmen dürfen, melden wir die Treuhand bei der Kammer an. Erst nach Bestätigung/Registrierung ist die Entgegennahme des Kaufpreises auf dem Anderkonto zulässig.

Die Treuhandeinrichtung der Kammer dient dem Schutz der Treugeber; die Kammer hat hierfür eine Versicherung zur Sicherung der Rechte am Treuhanderlag abzuschließen.

Das eTHB ersetzt die herkömmliche Kommunikation mit Bank/Kammer durch eine verschlüsselte Verbindung; Treugeber erhalten ein Informationsblatt mit Auskunftscode, um den Status ihrer Treuhandschaft bei der Kammer zu erfragen.

Der Ablauf – Schritt für Schritt

Wir erstellen den Kaufvertrag mit Aufsandungserklärung (Intabulationsklausel). Diese ausdrückliche, beglaubigte Zustimmung der Veräußererseite ist Voraussetzung für die Eintragung des Eigentumsrechts im Grundbuch.

Darin regeln wir Einzahlungsweg, Bedingungen für die Auszahlung („Auszahlungsreife“) und Nachweise. Parallel registrieren wir die Treuhand im eTHB.

Die kaufende Partei überweist den Kaufpreis auf das Treuhand-Anderkonto – nicht direkt an die Verkäuferseite. (Nur so bleibt der Kaufpreis bis zur sicheren Eintragung geschützt.)

Wir koordinieren Grundbuch, Banken und Behörden – bis alle im Treuhandauftrag genannten Voraussetzungen nachgewiesen sind (siehe nächste Überschrift).

Erst wenn alle Bedingungen erfüllt sind, wird der hinterlegte Betrag an die Verkäuferseite ausbezahlt; danach erfolgt die Übergabe. (Typische Praxisbeschreibung.)

Was muss vor der Auszahlung erfüllt sein? (die „Auszahlungsreife“)

Die konkreten Punkte werden im Kaufvertrag/Treuhandauftrag festgelegt. Typisch sind – je nach Fall – u.a.:

  • Einverleibungsfähigkeit des Eigentumsrechts (unterfertigter, beglaubigter Kaufvertrag mit Aufsandungserklärung).

  • Lastenfreistellung: Löschung/Abdeckung alter Pfandrechte oder die rangrichtige Einverleibung eines neuen Pfandrechts gemäß Finanzierungsplan.

  • Nachweis behördlicher Genehmigungen (z.B. Grundverkehr, falls erforderlich).

  • Rangordnung / Vormerkung (falls vereinbart) zur Absicherung der Eintragung.

  • Erfüllte vertragliche Nebenpflichten (z.B. Übergabeprotokoll, Schlüssel, vereinbarte Mängelbehebung etc.).

Praxisnah formuliert: Kein Geld, bevor nicht klar ist, dass Sie Eigentümer werden – lastenfrei, wie vereinbart. (Typische Markt- und Vertragsgestaltung.)

Welche Unterlagen & Checks kommen auf Käufer zu?

Rechtsanwälte sind gesetzlich verpflichtet, Parteien zu identifizieren (inkl. wirtschaftliche Eigentümer), Risiken zu prüfen und bei Verdacht Meldung an die Geldwäschemeldestelle zu erstatten. Relevante Grundlagen sind u.a. §§ 8a ff RAO / RL-BA sowie FM-GwG; die Verpflichtung zur Verdachtsmeldung wird auch staatlich erläutert. Hintergrund: Immobilienkäufe sind im Fokus der Geldwäscheprävention.

Finanzierungszusage, Pfandbestellungsdokumente, Löschungsquittungen alter Belastungen.

Aktueller Grundbuchsauszug, nötigenfalls Rangordnung.

Vollmachten, Firmenbuchauszüge, ggf. Ehepaktenachweise etc.

Häufige Fragen – kurz beantwortet

Für die Beglaubigung von Unterschriften (z.B. unter der Aufsandungserklärung) benötigen Sie Notarin/Notar oder Gericht. Den Kaufvertrag samt Treuhandabwicklung übernimmt häufig die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt als Vertragserrichter und Treuhänder.

Sie ist die ausdrückliche, beglaubigte Zustimmung der Veräußererseite zur Eintragung des Eigentumsrechts. Ohne Aufsandungserklärung keine Einverleibung im Grundbuch.

Treugeber erhalten von uns ein Informationsblatt mit Auskunftscode; damit erteilen die Kammern Auskunft, ob und wie die Treuhandschaft registriert ist.

Ja. Die Treuhandeinrichtungen der Kammern unterliegen Aufsicht und halten Versicherungsschutz speziell für Treuhanderläge vor.

Fazit

Wir verbinden präzise Vertragsgestaltung mit konsequent abgesicherter Treuhandabwicklung: klare Auszahlungsbedingungen, frühzeitige Lastenfreistellung, belastbare Timelines – und laufendes Reporting. So wird Ihr Immobilienkauf planbar, sicher und transparent. Kontaktieren Sie uns – wir prüfen Ihren Fall, strukturieren Vertrag & Treuhandauftrag und begleiten Sie bis zur Eintragung im Grundbuch.

Rückabwicklung von Schweizer-Franken-Krediten: Intransparenz & Aufklärungspflicht – was Betroffene in Österreich wissen sollten

Schweizer Franken
Schweizer Franken

Rückabwicklung von Schweizer-Franken-Krediten: Intransparenz & Aufklärungspflicht – was Betroffene in Österreich wissen sollten

Viele Konsumenten sitzen noch immer auf teuren Altverträgen in Schweizer Franken. Oft fehlt es an klaren Klauseln oder an einer wirklich verständlichen Risikoaufklärung – genau dort entstehen Ansatzpunkte für Unwirksamkeit, Schadenersatz oder in bestimmten Konstellationen sogar die (Teil-)Rückabwicklung. Wir erklären, welche Beweise zählen und wie Sie strukturiert vorgehen.

Warum CHF-Kredite überhaupt zum Problem wurden

Fremdwährungskredite – häufig endfällig und mit Tilgungsträgern kombiniert – tragen drei zentrale Risiken: Wechselkurs-, Zins- und Tilgungsträgerrisiko. Diese Mischung hat in der Vergangenheit viele Haushalte stark belastet; die Aufsicht hat die Risiken wiederholt hervorgehoben, und die Vergabe wurde deutlich eingeschränkt. Für bestehende Verträge bleiben die Fragen jedoch akut.

Fremdwährungskredit: Die drei Hauptrisiken – auf einen Blick

Diese Risiken wirken oft gleichzeitig und verstärken einander.

Wechselkursrisiko

Euro-Raten schwanken; die Restschuld kann trotz Zahlungen steigen – besonders bei CHF-Anstiegen.

Zinsrisiko

Referenzzinswechsel (z. B. LIBOR→SARON) und Spreads beeinflussen die Gesamtkosten.

Tilgungsträger

Bleibt die Performance hinter der Prognose, droht am Laufzeitende eine Finanzierungslücke.

Der rechtliche Ausgangspunkt: Transparenz & Aufklärung

Österreichisches Verbraucherrecht verlangt, dass Vertragsklauseln so klar und verständlich sind, dass Durchschnittskund:innen ihre Pflichten ohne Spezialwissen erkennen können. Unklare Bestimmungen in AGB/Formularverträgen sind unwirksam (§ 6 Abs 3 KSchG). Das ist die juristische Tür, durch die viele Angriffe auf FX-Klauseln gehen.

Daneben verlangen die vorvertraglichen Informationspflichten beim Fremdwährungskredit, dass Wechselkurs- und Zinsänderungsrisiken anschaulich aufbereitet werden – inklusive grafischer Darstellung (bis zu 10 Jahre Historie), Referenzzins-Grafik (bei variablem Zins) und Rechenbeispiel, das die Schwankungen nachvollziehbar macht. Solche Vorgaben sind ausdrücklich im VKrG verankert und gewinnen in der forensischen Beurteilung hohes Gewicht.

Wo Gerichte Intransparenz sehen – und wo nicht

Ein prominenter Streitpunkt ist die Formulierung, die Rückzahlung „in der jeweils ausgenützten Währung“ vorsieht. In einem Verbandsverfahren hat der OGH diese Klausel als intransparent untersagt – insbesondere, wenn tatsächlich in Euro ausbezahlt wurde und der Begriff „ausnützen“ nicht klar erklärt, dass dennoch in CHF zurückzuzahlen sein soll. In solchen Konstellationen wird das Währungsrisiko verschleiert.

In einer späteren Individualsache (6 Ob 51/21z) hob der OGH die Vorentscheidungen auf und betonte: Die Frage ist vertraglich-konkret zu lösen – fehlt etwa ein klarer Umrechnungsmodus oder bleibt unklar, was genau Schuld-, Berechnungs- und Zahlungswährung sind, kann das gravierende Wirksamkeitsfragen aufwerfen. Der OGH verwies ausdrücklich auf das Verbandsverfahren zur Intransparenz der „ausgenützten Währung“ und stellte klar, dass bloße Allgemeinplätze zur Risikoaufklärung nicht reichen.

Ebenso gilt: Wo der/die Kreditnehmer:in unmissverständlich einen echten CHF-Kredit gewählt hat (und dies vertraglich sauber dokumentiert ist), sahen Gerichte die Rückzahlung in CHF nicht als intransparent oder missbräuchlich – das hängt also stark vom Einzelfall und vom Zusammenspiel der Klauseln ab.

Klausel-Prüfpfad: Intransparenz erkennen

Rückzahlungswährung klar?

Ist eindeutig, in welcher Währung zu tilgen ist – auch bei Euro-Auszahlung?

Umrechnungsmodus bestimmt?

Wann und nach wessen Kurs wird konvertiert? Einseitige Bank-Fixings?

Spreads/Margen offengelegt?

Sind Auf-/Abschläge nachvollziehbar dokumentiert?

Verständlichkeit für Verbraucher

Können Durchschnittskund:innen Rechte und Pflichten ohne Spezialwissen erfassen?

Je mehr Fragen mit „nein/unklar“ beantwortet werden, desto größer das Intransparenz-Risiko.

Europäische Leitplanken: Was der EuGH verlangt

Der EuGH verlangt, dass Verbraucher:innen die erheblichen wirtschaftlichen Folgen eines Fremdwährungskredits konkret verstehen können. Ein blasser Hinweis auf „Schwankungen“ genügt nicht (Andriciuc, C-186/16). Außerdem hat der EuGH klargestellt: Fällt eine zentrale (nicht ersetzbare) Klausel, kann das den Vertrag als Ganzes erfassen – Gerichte dürfen Missstände nicht durch eine „richterliche Ersatzklausel“ glattziehen; maßgeblich ist auch der Wille des Verbrauchers.

Was bedeutet das für Sie – und wann lohnt sich der Weg?

Kurz gesagt: Aussichtreich sind Fälle, in denen (a) Kernklauseln unklar sind (Rückzahlung/Umrechnung/„ausgenützt“), (b) Umrechnungsmechanismen fehlen oder die Bank sich Wechselkurse einseitig vorbehält, (c) Pflichtinformationen (Grafiken, Rechenbeispiel) nicht oder unzureichend erteilt wurden, oder (d) Tilgungsträger-Risiken verharmlost wurden. Je nach Konstellation kommen Klausel-Eliminierung mit Neuberechnung, Schadenersatz wegen Aufklärungsfehlern oder in Ausnahmefällen (Teil-)Rückabwicklung in Betracht.

Ihr Fahrplan – pragmatisch und zielsicher

Kreditvertrag, AGB, Nachträge, ESIS/Informationsblätter, Beratungsprotokolle, Konto- und Umrechnungsbelege, Tilgungsträger-Polizzen. Prüfen Sie, ob die gesetzlich geforderten Grafiken und das Rechenbeispiel tatsächlich enthalten sind – fehlen sie, ist das ein starkes Indiz.

Markieren Sie jede Passage zur Rückzahlung/Umrechnung und prüfen Sie, ob klar erkennbar ist, wann und nach welchem Kurs umgerechnet wird und welche Währung wirklich geschuldet ist. Unbestimmtheit bei der Umrechnung kann die Wirksamkeit des Gesamtkonstrukts erschüttern.

Stellen Sie Auszahlungskurs, angewandte Bank-Spreads und Ratenumrechnungen neben Referenzwerte. Auffällige Wechselkursaufschläge (Spreads) oder einseitige Fixings sind häufige Streitpunkte – und forensisch gut angreifbar.

Nicht jede Unklarheit führt automatisch zur „großen“ Rückabwicklung. Oft ist eine zielgerichtete Neuberechnung (ohne missbräuchliche Klauseln) oder ein Vergleich wirtschaftlich sinnvoller. In seltenen Konstellationen kann aber die Vertragsfortsetzung unmöglich sein – dann stehen rückabwicklungsähnliche Lösungen im Raum.

Verjährung und Hemmung hängen vom Anspruchstyp ab (Klauselkontrolle, Schadenersatz etc.). Hier steckt viel Musik – rechtzeitig prüfen lassen.

Typische Fragen – verständlich beantwortet

Nicht zwingend. Wurde in Euro ausbezahlt und ist nicht erklärt, warum trotzdem CHF „ausgenützt“ sein soll, hat der OGH eine solche Formulierung als intransparent beanstandet. Ob das auf Ihren Vertrag wirkt, hängt vom exakten Wortlaut und den übrigen Klauseln ab.

Ja. Das VKrG fordert genau diese anschaulichen Darstellungen. Fehlen sie, deutet das auf Aufklärungsdefizite hin – ein wesentlicher Hebel bei der Anspruchsbeurteilung.

Kommt vor – insbesondere, wenn eine zentrale Klausel nicht durch dispositives Recht „ersetzt“ werden darf. Der EuGH bremst richterliche „Reparaturen“ bewusst aus, um echten Verbraucherschutz zu sichern. Die Folgen sind fallbezogen zu prüfen.

Lebensgemeinschaft & Erbrecht in Österreich: Was wirklich zählt – und wie Sie richtig vorsorgen

Ein Mann und eine Frau streiten über eine Klippe hinweg
Ein Mann und eine Frau streiten über eine Klippe hinweg

Lebensgemeinschaft & Erbrecht in Österreich: Was wirklich zählt – und wie Sie richtig vorsorgen

Nicht verheiratet, aber „wie verheiratet“ gelebt – und jetzt stellt sich die Erbfrage? Genau hier wird es juristisch heikel: Wann gilt eine Beziehung als Lebensgemeinschaft, welche Rechte bestehen ohne Testament und was bewirkt § 725 ABGB beim Ende der Beziehung? Dieser Beitrag erklärt klar und verständlich die Grundsätze, räumt typische Missverständnisse aus und zeigt praktische Wege, wie Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin wirksam absichern.

Was ist eine „Lebensgemeinschaft“ – und was nicht?

Die österreichische Rechtsprechung versteht unter Lebensgemeinschaft eine eheähnliche Beziehung mit emotionaler Verbundenheit, die sich in der Regel auch in Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft zeigt. Wichtig: Es kommt immer auf das Gesamtbild des Einzelfalls an – nicht jedes Merkmal muss lückenlos vorliegen, aber bloßer Kontakt „ohne gelebte Gemeinsamkeit“ reicht nicht. Eine rein sexuelle Beziehung ohne gemeinsames Wohnen und ohne gemeinsames Wirtschaften ist keine Lebensgemeinschaft im rechtlichen Sinn. Umgekehrt kann – etwa bei höherem Alter oder Krankheit – die Geschlechtsgemeinschaft an Bedeutung verlieren, wenn die übrigen Merkmale und die besondere Verbundenheit erkennbar bestehen.

Praxisnah auf den Punkt

  • Nur Affäre? Reine Geschlechtsbeziehung ohne gemeinsame Lebensführung begründet keine Lebensgemeinschaft.

  • Nicht alle drei Merkmale nötig: Fehlt eines, kann das Gesamtbild es ausgleichen (z. B. starke Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft).

Lebensgemeinschaft – typische Merkmale in der Gesamtschau

Es zählt das Gesamtbild des Einzelfalls; fehlende Elemente können durch andere kompensiert werden.

Kern
Seelische Verbundenheit

Verlässliche, nach außen erkennbare Beziehung mit wechselseitiger Zuwendung.

Typisch
Wohngemeinschaft

Gemeinsamer Haushalt / gelebtes Zusammenwohnen (Meldeadresse ≠ zwingend).

Typisch
Wirtschaftsgemeinschaft

Gemeinsame Haushaltsführung, finanzielle Verflechtungen, Mitverantwortung.

Kann, muss nicht
Geschlechtsgemeinschaft

Keine zwingende Voraussetzung; reine Affäre allein genügt nicht.

Merke: Eine zeitlich begrenzte sexuelle Beziehung ohne Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ist keine Lebensgemeinschaft.

Erben ohne Trauschein: Was gilt, wenn es kein Testament gibt?

Lebensgefährt:innen haben kein „normales“ gesetzliches Erbrecht. Seit 1. Jänner 2017 gibt es allerdings ein außerordentliches Erbrecht: Fehlen sämtliche gesetzlichen Erb:innen (z. B. Kinder, Eltern, weitere Verwandte), erbt die/der Lebensgefährte – Voraussetzung ist, dass zum Todeszeitpunkt eine aufrechte Lebensgemeinschaft bestand und diese mindestens die letzten drei Jahre vor dem Tod gedauert hat. Pflichtteilsrechte bestehen für Lebensgefährt:innen nicht.

Zusätzlich steht Lebensgefährt:innen – bei gemeinsamem Haushalt in den letzten drei Jahren – ein gesetzliches Einjahres-Wohnrechts-Vermächtnis samt Nutzung des Hausrats zu. Ohne ausdrückliche letztwillige Anordnung besteht darüber hinaus kein dauerhaftes Wohnrecht.

Konsequenz: Wer sicherstellen möchte, dass der Partner/die Partnerin in jedem Fall bedacht wird – insbesondere wenn es Kinder oder weitere Verwandte gibt –, braucht eine klare letztwillige Verfügung (Testament).

Erben ohne Trauschein – wie läuft's rechtlich?

Ohne Testament
1
Gibt es gesetzliche Erb:innen (Kinder, Eltern, weitere Verwandte)?
↳ Ja → Lebensgefährt:in erbt gesetzlich nicht.
↳ Nein → außerordentliches Erbrecht möglich, wenn:
2
aufrechte Lebensgemeinschaft bis zum Tod
3
mindestens 3 Jahre unmittelbar davor gemeinsam gelebt
Zusätzlich: Einjahres-Wohnrechts-Vermächtnis bei gemeinsamem Haushalt (Übergangslösung).
Mit Testament
1
Testament regelt, wer was erhält (auch Lebensgefährt:in).
2
Pflichtteile für Nachkommen/Eltern bleiben unberührt.
3
Wohnrecht/Hausrat bei Bedarf ausdrücklich vermachen (über das Einjahresrecht hinaus).
Tipp: Regelmäßig aktualisieren – besonders nach Trennung, Versöhnung, Geburt, Immobilienkauf.

Testament & Lebensgemeinschaft: Die „Automatik“ des § 725 ABGB

Der Gesetzgeber hat eine wichtige Schutzklausel eingebaut: Wird die Ehe, eingetragene Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft zu Lebzeiten aufgelöst, gelten zugunsten des früheren Partners errichtete letztwillige Verfügungen grundsätzlich als aufgehoben, sofern die/der Verstorbene nicht ausdrücklich das Gegenteil angeordnet hat. Schon die Einleitung eines gerichtlichen Auflösungsverfahrens kann – im Zweifel – zur Aufhebung führen.

Der Oberste Gerichtshof präzisiert: Soll die Begünstigung trotz Beziehungsende weitergelten, muss dieser Wille in einer formgültigen letztwilligen Verfügung zumindest angedeutet sein; bloße mündliche Erklärungen genügen nicht.

Merksatz: Beziehungen ändern sich – Testamente sollten das auch. Wer nach einer Trennung weiterhin den Ex-Partner bedenken will, muss das schwarz auf weiß (testamentarisch) festhalten.

„Nur im Bett“ – führt das zu Erbansprüchen?

Nein. Eine zeitlich begrenzte sexuelle Beziehung ist rechtlich keine Lebensgemeinschaft. Ohne Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft fehlt das für die Lebensgemeinschaft typische gemeinsame Alltags- und Wirtschaftsleben. Damit bleibt eine im Testament ausgesprochene Begünstigung zwar wirksam, aber nur deshalb, weil es keine Lebensgemeinschaft gab, deren Auflösung § 725 ABGB „automatisch“ erfasst hätte. Genau das bestätigt die Linie der Rechtsprechung: Die Definition knüpft am gemeinsamen Lebenszuschnitt an, nicht an der bloßen Geschlechtsbeziehung.

Häufige Fragen – kurz beantwortet

Nein. Nur im Ausnahmefall des außerordentlichen Erbrechts, wenn keine gesetzlichen Erb:innen vorhanden sind und eine dreijährige, bis zum Tod aufrechte Lebensgemeinschaft bestand. Sonst braucht es ein Testament.

Nicht zwingend. Es zählt das Gesamtbild. Bei älteren oder kranken Partnern kann die Geschlechtsgemeinschaft entfallen; eine reine Affäre reicht aber nie.

Nach § 725 ABGB ist die Begünstigung grundsätzlich ex lege aufgehoben – es sei denn, das Testament erklärt ausdrücklich, dass die Begünstigung unabhängig vom Fortbestand der Beziehung gelten soll. Prüfen und Testament aktualisieren!

Entscheidend ist, ob eine gelebte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft erkennbar ist (gemeinsame Haushaltsführung, finanzielle Verflechtungen, Alltagsgestaltung). Getrennte Meldeadressen schließen eine Lebensgemeinschaft nicht automatisch aus, machen den Nachweis aber schwerer.

Absicherung in 4 Schritten

Testament errichten

Klar regeln, wer was bekommt. Bei Wunsch hinzufügen: „gilt unabhängig vom Fortbestand der Lebensgemeinschaft“.

Regelmäßig aktualisieren

Nach Trennung, Versöhnung, Geburt von Kindern, Immobilienkauf & Co. prüfen und anpassen.

Wohnrecht/Hausrat ausdrücklich

Über das gesetzliche Einjahres-Wohnrecht hinaus bei Bedarf ein dauerhaftes Nutzungsrecht vermachen.

Nachweise ordnen

Unterlagen zum gemeinsamen Wohnen/Wirtschaften griffbereit halten (Konten, Verträge, Meldungen, Versicherungen).

Pro-Tipp: Kurzcheck alle 12–18 Monate einplanen – spart Diskussionen im Anlassfall.

Fazit

Im Erbrecht entscheidet Lebenswirklichkeit, nicht Etikett: Eine rechtliche Lebensgemeinschaft setzt gelebte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft (und typischerweise Geschlechtsgemeinschaft) voraus. Ohne Testament gibt es nur eng begrenzte Erbchancen. Und: Endet die Beziehung, endet in der Regel auch die Begünstigung – es sei denn, das Gegenteil steht klar im Testament. Wer Streit vermeiden und den Partner wirklich schützen will, sorgt heute mit einer sauberen letztwilligen Verfügung vor.