Mietrechtliche Informationspflichten: Unternehmensmieter müssen Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur offenlegen

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Mietrechtliche Informationspflichten: Unternehmensmieter müssen Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur offenlegen

Wenn Unternehmen als Mieter auftreten, gelten besondere Pflichten. Insbesondere Änderungen in der Gesellschaftsstruktur können weitreichende rechtliche Konsequenzen haben. Welche Informationen müssen Mieter offenlegen, welche Folgen drohen bei Versäumnissen und wie wirkt sich dies auf die Interessen des Vermieters aus? Dieser Beitrag beleuchtet die mietrechtlichen Informationspflichten von Unternehmensmietern und die möglichen Schadenersatzansprüche bei Verletzung dieser Pflichten.

Die rechtliche Grundlage: § 12a MRG und die Anzeigepflicht

Der österreichische Gesetzgeber hat im Mietrechtsgesetz (MRG) klare Regelungen für Mieter geschaffen, die als Gesellschaft organisiert sind. Besonders relevant ist hierbei § 12a MRG, der eine Anzeigepflicht bei wesentlichen Änderungen in der Gesellschaftsstruktur vorsieht.

Diese Anzeigepflicht dient einem wichtigen Zweck: Sie soll verhindern, dass durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen andere Personen als der ursprüngliche Mieter von günstigen Mietkonditionen profitieren, ohne dass der Vermieter darauf Einfluss nehmen kann. Der Vermieter soll nicht durch gesellschaftsrechtliche Manöver um seine berechtigten wirtschaftlichen Interessen gebracht werden.

Anzeigepflicht bei Gesellschaftsänderungen nach § 12a MRG
Änderung in der Gesellschaftsstruktur des Mieters
Relevante Änderungen der Einflussmöglichkeiten / Machtwechsel
Szenario 1: Mit Anzeige
1
Mieter informiert Vermieter über Änderungen
2
Vermieter kann Mietzins anpassen
3
Aktuelle Bewertungsgrundlage für den Ertragswert
Korrekter Verkaufspreis bei Liegenschaftsveräußerung
Szenario 2: Ohne Anzeige
1
Mieter verschweigt relevante Änderungen
2
Vermieter hat keine Möglichkeit zur Anpassung
3
Falsche Bewertungsgrundlage für den Ertragswert
Kaufpreisschaden bei Liegenschaftsveräußerung

Wirtschaftliche Bedeutung der Informationspflicht

Die Anzeigepflicht hat für den Vermieter eine entscheidende wirtschaftliche Bedeutung. Sie dient als wesentliche Kalkulationsgrundlage für:

  • Die korrekte Ermittlung des Ertragswerts der Immobilie

  • Die sachgerechte Preisbestimmung bei einem möglichen Verkauf der Liegenschaft

  • Die angemessene Bewertung bei einer Verpfändung des Objekts

Wenn ein Vermieter nicht über wichtige Änderungen in der Mietergesellschaft informiert wird, kann dies zu einer Fehlkalkulation des Immobilienwerts führen. Besonders problematisch wird es, wenn der Vermieter die Immobilie verkauft und dabei einen niedrigeren Preis erzielt, weil er den tatsächlichen Ertragswert aufgrund fehlender Informationen nicht korrekt einschätzen konnte.

Schadensersatzansprüche bei Verletzung der Anzeigepflicht

Verletzt ein Unternehmensmieter seine Anzeigepflicht bezüglich eines Machtwechsels innerhalb der Gesellschaft, kann der Vermieter unter bestimmten Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen. Der Schutzbereich der Anzeigepflicht umfasst insbesondere:

  1. Die Möglichkeit der Erhebung eines angemessenen Mietzinses

  2. Die korrekte „Einpreisung“ des erhöhten Ertragswerts bei einer Verwertung der Immobilie
Schadensersatz bei Verletzung der Anzeigepflicht
Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche
Mieter ist eine Gesellschaft (z.B. GmbH, AG)
Änderung der rechtlichen/wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft
Unterlassene Anzeige an den Vermieter (§ 12a MRG)
Veräußerung der Liegenschaft durch den Vermieter
Erzielung eines niedrigeren Kaufpreises wegen falsch kalkuliertem Ertragswert
Rechtswidrigkeitszusammenhang
Schutzzweck der Anzeigepflicht ist die Sicherstellung angemessener Mieterträge
Ermöglichung der korrekten Bewertung des Immobilienertrags
Kaufpreisschaden liegt im Schutzbereich der Anzeigepflicht
Schadensberechnung
Differenz zwischen tatsächlichem Verkaufserlös und hypothetischem Erlös bei ordnungsgemäßer Anzeige
Berücksichtigung des erhöhten Ertragswerts bei angemessenem Mietzins
Kapitalisierung der Differenz zwischen tatsächlichem und angemessenem Mietzins

Der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der unterlassenen Anzeige und einem dadurch entstandenen Kaufpreisschaden wurde vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich bestätigt. Ein Kaufpreisschaden, der unmittelbar aus zu geringen Mieterlösen herrührt, weil ein Machtwechsel vom Mieter nicht mitgeteilt wurde, fällt eindeutig in den Schutzbereich der gesetzlichen Anzeigepflicht.

Grenzen der Schadensminderungspflicht des Vermieters

Auch wenn der Vermieter grundsätzlich zur Schadensminderung verpflichtet ist, gibt es hier wichtige Einschränkungen. Der Oberste Gerichtshof hat klargestellt, dass die Unterlassung einer Prozessführung nicht automatisch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht darstellt.

Dies gilt insbesondere dann, wenn:

  • Die Rechtslage problematisch ist

  • Der Rechtsweg mit erheblichen Risiken verbunden ist

  • Der Ausgang eines möglichen Rechtsstreits ungewiss erscheint

In Fällen, in denen beispielsweise nur ein Motivirrtum vorliegen könnte, der nicht zur Anfechtung eines Kaufvertrags berechtigt, ist dem Vermieter eine Klagsführung gegen den Käufer der Liegenschaft nicht zumutbar. Der Vermieter hat in solchen Konstellationen keine Verletzung der Schadensminderungspflicht zu vertreten.

Praktische Implikationen für Unternehmensmieter und Vermieter

Für Unternehmensmieter bedeutet dies, dass sie bei wesentlichen Änderungen in der Gesellschaftsstruktur, die zu einem Machtwechsel führen können, stets ihre Anzeigepflicht beachten sollten. Dies betrifft insbesondere:

  • Änderungen in der Gesellschafterstruktur

  • Übertragung von Anteilen oder Stimmrechten

  • Einräumung von wesentlichen wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft

Vermieter sollten ihrerseits auf die Einhaltung dieser Anzeigepflicht achten und bei Verdacht auf nicht mitgeteilte Änderungen rechtzeitig reagieren. Eine regelmäßige Überprüfung der Gesellschaftsstruktur ihrer Unternehmensmieter kann helfen, spätere Schäden zu vermeiden.

Checkliste für Unternehmensmieter und Vermieter
Unternehmensmieter
Überwachung aller gesellschaftsrechtlichen Änderungen
Besonders bei Anteilsübertragungen und Umstrukturierungen
Änderungen in der Gesellschafterstruktur dokumentieren
Wer hat welche Anteile und Stimmrechte?
Machtwechsel unverzüglich dem Vermieter anzeigen
Schriftlich und nachweisbar!
Mietvertrag auf Informationspflichten prüfen
Oft sind zusätzliche vertragliche Regelungen zu beachten
Konsultation eines Rechtsexperten bei Unsicherheiten
Vermieter
Regelmäßige Überprüfung der Gesellschaftsstruktur der Mieter
Firmenbuchabfrage bei Kapitalgesellschaften
Informationspflichten im Mietvertrag klar regeln
Bei Verdacht auf Machtwechsel: Nachfragen und dokumentieren
Vor Veräußerung: Ertragswertberechnung mit Experten durchführen
Bei Schäden: Rechtzeitig Ansprüche geltend machen
Verjährungsfristen beachten!

Résumé

Die Anzeigepflicht von UnternehmensMietern bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen ist ein wichtiges Instrument zum Schutz der berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Vermieters. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat die Bedeutung dieser Pflicht unterstrichen und klargestellt, dass Verstöße zu Schadensersatzansprüchen führen können.

Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten sich dieser Rechtslage bewusst sein und entsprechend handeln. Für Mieter bedeutet dies eine konsequente Einhaltung ihrer Informationspflichten, für Vermieter eine wachsame Überprüfung der Mieterstruktur zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen.

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Die rechtliche Bedeutung des handschriftlichen Bekräftigungsvermerks bei letztwilligen Verfügungen

Eine Hand schreibt mit einem Stift das Wort Testament
Eine Hand schreibt mit einem Stift das Wort Testament

Die rechtliche Bedeutung des handschriftlichen Bekräftigungsvermerks bei letztwilligen Verfügungen

Bei der Errichtung eines fremdhändigen Testaments (also eines Testaments, das nicht vollständig handschriftlich vom Erblasser selbst verfasst wurde) sind bestimmte Formvorschriften einzuhalten. Eine davon ist der eigenhändig geschriebene Bekräftigungsvermerk des Erblassers. Doch welche Anforderungen werden an diesen Vermerk gestellt? Wie genau muss er formuliert sein? Ein aktueller Fall des Obersten Gerichtshofs gibt Anlass, sich mit dieser Thematik näher zu befassen.

Die gesetzlichen Anforderungen an den Bekräftigungsvermerk

Gemäß § 579 Abs 1 ABGB verlangt ein gültiges fremdhändiges privates Testament einen eigenhändig geschriebenen Zusatz des Erblassers, der bestätigt, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Dieser Vermerk ist kein bloßes Beiwerk, sondern ein eigenständiges Formerfordernis (Solennitätserfordernis), ohne das die letztwillige Verfügung ungültig ist.

Der Bekräftigungsvermerk muss zwei wesentliche Elemente erfüllen:

  1. Er muss eigenhändig vom Erblasser geschrieben sein

  2. Aus ihm muss hervorgehen, dass es sich um den letzten Willen des Erblassers handelt
Formvorschriften für fremdhändige Testamente § 579 ABGB 1 Bekräftigung 2 Unterschrift 3 Drei Zeugen 4 Zeugensignaturen Alle Voraussetzungen müssen erfüllt sein Fehlt eine einzige, ist das Testament ungültig

Der Zweck des Bekräftigungsvermerks

Der handschriftliche Bekräftigungsvermerk wurde mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 2015 (ErbRÄG 2015) nicht abgeschafft, sondern bewusst beibehalten. Der primäre Zweck dieses Erfordernisses ist die Erhöhung der Sicherheit gegen Fälschungen. Durch den eigenhändigen Schriftzug wird eine graphologische Zuordnung zum Testator ermöglicht.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verdeutlichung des Testierwillens. Der Erblasser soll durch den eigenhändigen Vermerk nochmals bewusst bestätigen, dass es sich bei dem Dokument tatsächlich um seinen letzten Willen handelt. Dies dient nicht nur dem Schutz vor Fälschungen, sondern auch vor Überrumpelung oder unüberlegten Handlungen des Erblassers selbst.

Die Auslegung unklarer Bekräftigungsvermerke

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass Bekräftigungsvermerke nicht den juristisch idealen Formulierungen entsprechen. Besonders bei älteren oder weniger schreibgewandten Personen können ungewöhnliche oder grammatikalisch nicht einwandfreie Formulierungen auftreten. Wie sind solche Vermerke zu bewerten?

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung diesbezüglich einen pragmatischen Ansatz gewählt: Der Bekräftigungsvermerk ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Verkehrsauffassung auszulegen. Entscheidend ist, ob aus dem Vermerk erkennbar wird, dass der Erblasser damit seinen letzten Willen bestätigen wollte.

Der Auslegungsprozess bei Bekräftigungsvermerken 1. Wortlaut prüfen Sprachgebrauch und Verkehrsauffassung 2. Kontext beachten Bei Unklarheiten: Gewohnheiten und Umstände Zentrale Frage: Wille erkennbar? JA Testament gültig NEIN Testament ungültig Beispiel: "Das ich bleib daf ist mein Wille" Als gültige Bekräftigung anerkannt

Der Fall: "Das ich bleib daf ist mein Wille"

Im eingangs erwähnten Fall hatte eine Erblasserin unter ein fremdhändiges Testament den Vermerk „Das ich bleib daf ist mein Wille“ gesetzt. Auf Nachfrage eines anwaltlichen Testamentszeugens erklärte sie, dass dieser Zusatz bedeute: „Das bleibt so wie es ist, das ist mein Wille“.

Die entscheidende Frage war nun: Reicht dieser grammatikalisch nicht einwandfreie Zusatz aus, um als gültiger Bekräftigungsvermerk im Sinne des § 579 Abs 1 ABGB zu gelten?

Der Oberste Gerichtshof entschied, dass bereits die Auslegung dieses Bekräftigungszusatzes anhand des allgemeinen Sprachgebrauchs und der Verkehrsauffassung zur Annahme führt, dass damit eindeutig der letzte Wille schriftlich bekräftigt werden sollte. Andere vernünftige Deutungsmöglichkeiten ließen sich aus dem Bekräftigungszusatz nicht ableiten.

Praktische Bedeutung und Handlungsempfehlungen

Diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zeigt, dass bei der Beurteilung von Bekräftigungsvermerken eine gewisse Flexibilität besteht. Es wird nicht auf eine bestimmte Formulierung bestanden, sondern darauf, ob der Bekräftigungswille erkennbar ist.

Dennoch empfiehlt es sich aus Gründen der Rechtssicherheit, bei der Errichtung eines fremdhändigen Testaments auf eine klare und unmissverständliche Formulierung des Bekräftigungsvermerks zu achten.

Beispiele für Bekräftigungsvermerke Empfohlen vs. Riskant Empfohlen "Dies ist mein letzter Wille" "Diese Urkunde enthält mein Testament" "Meine letztwillige Verfügung" Riskant aber akzeptiert "Das ich bleib daf ist mein Wille" "So soll es geschehen" "Das ist was ich will" Klare Formulierungen erhöhen die Rechtssicherheit

Résumé

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs verdeutlicht einen wichtigen Grundsatz des österreichischen Erbrechts: Trotz notwendiger Formvorschriften steht letztlich der Wille des Erblassers im Vordergrund. Wenn dieser Wille trotz formaler Unzulänglichkeiten erkennbar ist, sollte er auch respektiert werden.

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Reichweite der Bauherrenklausel: Amtshaftungsklagen nach Baumängelprozessen sind nicht versichert

Ein Bauplan eines Hauses
Ein Bauplan eines Hauses

Reichweite der Bauherrenklausel: Amtshaftungsklagen nach Baumängelprozessen sind nicht versichert

Bei Rechtsschutzversicherungen greift die Bauherrenklausel auch bei nachfolgenden Amtshaftungsklagen, wenn diese auf Gerichtsentscheidungen in Baumängelprozessen basieren. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat klargestellt, dass der adäquate Zusammenhang zum ursprünglichen Bauvorhaben bestehen bleibt.

Was bedeutet die Bauherrenklausel in der Rechtsschutzversicherung?

Die Bauherrenklausel ist eine zentrale Ausschlussbestimmung in Rechtsschutzversicherungen. Sie regelt, dass rechtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Errichtung oder baubehördlich genehmigungspflichtigen Veränderung von Gebäuden oder Grundstücken nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind. Der Ausschluss gilt für Immobilien, die sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befinden oder von diesem erworben werden.

Der Zweck dieser Klausel liegt auf der Hand: Bauvorhaben bergen ein erhebliches Kostenrisiko für Rechtsstreitigkeiten. Da nicht alle Versicherungsnehmer Bauvorhaben durchführen, aber diese wenigen Bauherren ein überdurchschnittliches Risiko tragen, werden solche Streitigkeiten vom allgemeinen Versicherungsschutz ausgenommen.

Die Bauherrenklausel in der Rechtsschutzversicherung Nicht versichert • Errichtung von Gebäuden • Baubehördlich genehmigungs- pflichtige Veränderungen • Baumängelprozesse • Amtshaftungsklagen nach Baumängelprozessen • Gutachterstreitigkeiten Voraussetzung Adäquater Zusammenhang mit dem Bauvorhaben liegt vor, wenn: • Typisches Problem bei Bauvorhaben • Bezug zum ursprünglichen Bauprozess • Ursächlicher Zusammenhang

Wann besteht ein adäquater Zusammenhang zum Bauvorhaben?

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH muss für die Anwendung des Risikoausschlusses ein adäquater Zusammenhang zwischen dem Rechtsstreit und dem Bauvorhaben vorliegen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung einen Bezug zu den für die Errichtung eines Wohnhauses typischen Problemen aufweist.

Klassische Beispiele für solche typischen Probleme sind mangelhafte Bauleistungen, Planungsfehler oder Verzögerungen bei der Bauausführung. In der Rechtsprechung wurde klargestellt, dass es nicht nur um den direkten Bauprozess geht, sondern um alle rechtlichen Auseinandersetzungen, die ihren Ursprung im Bauvorhaben haben und mit typischen Bauproblemen zusammenhängen.

Adäquater Zusammenhang bei Baustreitigkeiten Prozessablauf und Versicherungsschutz Bauvorhaben Baumängelprozess gegen Werkunternehmer Amtshaftungsklage gegen den Staat Kein Versicherungsschutz durch Bauherrenklausel

Amtshaftungsklagen nach Baumängelprozessen: Greift die Bauherrenklausel?

Die entscheidende Frage ist: Erstreckt sich der Versicherungsausschluss durch die Bauherrenklausel auch auf Amtshaftungsklagen gegen den Staat, die nach einem verlorenen Baumängelprozess angestrengt werden?

Der OGH hat diese Frage eindeutig bejaht. Auch wenn die Amtshaftungsklage formal einen neuen Rechtsstreit darstellt, bleibt der inhaltliche Zusammenhang zum ursprünglichen Bauvorhaben bestehen. Dies begründet sich dadurch, dass bei einer Amtshaftungsklage nach einem Baumängelprozess erneut die Frage nach dem Vorliegen des behaupteten Baumangels im Zentrum steht.

In einem konkreten Fall hatte ein Versicherungsnehmer zunächst einen Werkunternehmer wegen angeblich mangelhafter Montage von Fenstern und Türen in seinem Wohnhaus auf Schadenersatz verklagt. Nachdem er diesen Prozess in beiden Instanzen verlor, wollte er einen Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich geltend machen, da er die gerichtlichen Entscheidungen als rechtswidrig ansah.

Der OGH stellte klar: Der adäquate Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen Bauvorhaben und der nachfolgenden Amtshaftungsklage ist gegeben. Die Bauherrenklausel greift daher auch in diesem Fall, was bedeutet, dass keine Deckung aus der Rechtsschutzversicherung besteht.

Praktische Konsequenzen für Bauherren und Versicherungsnehmer

Die Bauherrenklausel ist umfassender, als viele Versicherungsnehmer vermuten. Sie erstreckt sich nicht nur auf den unmittelbaren Bauprozess, sondern auch auf nachfolgende Verfahren, die inhaltlich mit dem Bauvorhaben zusammenhängen.

Wer nach einem verlorenen Baumängelprozess eine Amtshaftungsklage anstrengen möchte, muss sich bewusst sein, dass er das Kostenrisiko selbst trägt und keine Deckung aus der Standardrechtsschutzversicherung erwarten kann.

Die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB) sollten vor Vertragsabschluss genau geprüft werden. In den meisten Policen findet sich eine ähnliche Bauherrenklausel wie die in Art. 7.1.5 der ARB 2009.

Für Bauherren ist es ratsam, bereits vor Baubeginn eine spezielle Baurechtsschutzversicherung in Betracht zu ziehen. Diese deckt zwar nicht alle Risiken ab, kann aber in bestimmten Konstellationen sinnvoll sein. Alternativ sollten Bauherren das Kostenrisiko von Rechtsstreitigkeiten in ihr Baubudget einkalkulieren.

Tipps für Bauherren 1 Baurechtschutz abschließen Spezielle Versicherung für Baurisiken vor Baubeginn abschließen 2 Versicherungsbedingungen prüfen Ausschlussklauseln genau verstehen und Deckungsumfang klären 3 Rechtliche Beratung einholen Erfolgsaussichten und finanzielle Risiken professionell bewerten lassen

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Immobilienmaklerverträge im Fernabsatz: Widerrufsrecht und Provisionsfreiheit

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Immobilienmaklerverträge im Fernabsatz: Widerrufsrecht und Provisionsfreiheit

Die digitale Immobiliensuche ist heute Normalität. Doch was viele nicht wissen: Kommunizieren Sie mit einem Makler nur online, per E-Mail oder telefonisch, entsteht ein sogenannter Fernabsatzvertrag – mit weitreichenden Konsequenzen für Ihre Rechte als Verbraucher. Besonders beim Thema Maklerprovision kann dies entscheidend sein, wie eine Entscheidung des OGH zeigt.

Was genau ist ein Fernabsatzvertrag mit Immobilienmaklern?

Ein Fernabsatzvertrag liegt vor, wenn sämtliche Kommunikation zwischen Verbraucher und Immobilienmakler ausschließlich über Fernkommunikationsmittel erfolgt. Darunter fallen digitale Kontaktaufnahmen wie Online-Anfragen, E-Mail-Korrespondenz und Telefonate. Entscheidend ist, dass zu keinem Zeitpunkt ein persönlicher Kontakt stattfindet.

Die rechtliche Einordnung als Fernabsatzvertrag hat erhebliche Auswirkungen auf die Verbraucherrechte – insbesondere hinsichtlich des Widerrufsrechts und damit verbundener Zahlungsverpflichtungen.

Vergleich: Fernabsatzvertrag vs. klassischer Maklervertrag

Vergleich: Fernabsatzvertrag vs. klassischer Maklervertrag

Fernabsatzvertrag
Kommunikation
Ausschließlich über Fernkommunikationsmittel wie Online-Anfragen, E-Mails und Telefonate
Widerrufsrecht
14 Tage Widerrufsrecht ohne Angabe von Gründen
Vertragsbeendigung
Einfache Widerrufserklärung genügt
Provisionsanspruch nach Widerruf
Keine Provision nach rechtzeitigem Widerruf, selbst wenn das Objekt später gekauft wird
Informationspflichten
Makler muss umfassend über Widerrufsrecht und -fristen informieren
Klassischer Maklervertrag
Kommunikation
Persönliches Treffen oder Kombination aus persönlichem Kontakt und Fernkommunikation
Widerrufsrecht
Kein gesetzliches 14-tägiges Widerrufsrecht ohne Angabe von Gründen
Vertragsbeendigung
Nur unter den vertraglich vereinbarten Bedingungen möglich
Provisionsanspruch
Provision ist bei erfolgreicher Vermittlung geschuldet, wenn der Kunde das Objekt kauft
Informationspflichten
Grundlegende Informationspflichten, aber keine spezielle Widerrufsbelehrung erforderlich
Vorteile des Fernabsatzvertrags für Verbraucher:

Als Verbraucher genießen Sie bei einem Fernabsatzvertrag deutlich mehr Flexibilität und Schutz. Die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung zurückzutreten, gibt Ihnen Zeit, Ihre Entscheidung zu überdenken. Besonders wertvoll: Nach einem rechtzeitigen Widerruf sind Sie komplett provisionsfrei - selbst wenn Sie das Objekt später erwerben.

Provisionsfreiheit nach wirksamen Widerruf

Die zentrale rechtliche Konsequenz eines wirksamen Widerrufs: Der Maklervertrag gilt als nie geschlossen. Dies hat der Oberste Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung bestätigt. Konkret bedeutet das:

  • Nach einem rechtzeitigen Widerruf besteht kein Anspruch des Maklers auf Provision

  • Dies gilt selbst dann, wenn später ein Kauf des vermittelten Objekts erfolgt

  • Voraussetzung ist lediglich, dass der Verbraucher keinen vorzeitigen Beginn der Maklertätigkeit verlangt hat

Ein besonderes Augenmerk legt das Gericht auf den Punkt der vorzeitigen Vertragserfüllung. Hat der Verbraucher nicht ausdrücklich darum gebeten, dass der Makler vor Ablauf der Widerrufsfrist tätig wird, bleibt sein Widerrufsrecht vollumfänglich erhalten – ohne jegliche Zahlungsverpflichtung.

Widerrufsrecht bei Maklerverträgen im Fernabsatz

Widerrufsrecht bei Maklerverträgen im Fernabsatz

Tag 0: Erstkontakt
Online-Anfrage, E-Mail oder Telefonat mit dem Immobilienmakler - ein Fernabsatzvertrag entsteht
Tag 1-14: Widerrufsfrist
Sie haben 14 Tage Zeit, um ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurückzutreten
Innerhalb der Frist: Widerruf
Schriftliche Erklärung des Widerrufs (idealerweise per E-Mail oder Einschreiben)
Nach Widerruf: Keine Provision
Makler hat keinen Anspruch auf Provisionszahlung - auch wenn Sie das Objekt später kaufen
Alternative: Frist verstreicht
Ohne Widerruf: Maklervertrag bleibt bestehen, möglicher Provisionsanspruch
Bei Mängeln: Verlängerte Frist
Keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung: Frist verlängert sich auf 12 Monate + 14 Tage
Wichtiger Hinweis:

Das Widerrufsrecht erlischt nur, wenn Sie ausdrücklich den vorzeitigen Beginn der Maklertätigkeit verlangt haben und die Dienstleistung vollständig erbracht wurde. Der Makler trägt hierfür die Beweislast!

Wann erlischt das Widerrufsrecht dennoch?

In bestimmten Situationen kann das Widerrufsrecht trotz Fernabsatzvertrag erlöschen:

  1. Wenn der Verbraucher ausdrücklich den vorzeitigen Beginn der Maklertätigkeit verlangt hat

  2. Wenn die Dienstleistung des Maklers vollständig erbracht wurde

  3. Wenn der Verbraucher die Widerrufsfrist ungenutzt verstreichen lässt

Der Makler trägt hierbei die Beweislast für ein etwaiges Erlöschen des Widerrufsrechts. Er muss nachweisen können, dass der Verbraucher tatsächlich einen vorzeitigen Tätigkeitsbeginn gewünscht hat.

Checkliste: Widerruf von Maklerverträgen im Fernabsatz

Checkliste: Widerruf von Maklerverträgen im Fernabsatz

1
Kommunikationsart prüfen
Stellen Sie fest, ob ausschließlich Fernkommunikationsmittel (Online-Anfrage, E-Mail, Telefon) genutzt wurden. Nur dann liegt ein Fernabsatzvertrag vor.
Tipp:

Dokumentieren Sie sämtliche Kommunikation. Fand zu keinem Zeitpunkt ein persönliches Treffen mit dem Makler statt? Dann greift das Fernabsatzrecht.

2
Widerrufsfrist beachten
Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage ab Vertragsschluss. Wurden Sie nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt, verlängert sich die Frist auf 12 Monate und 14 Tage.
Tipp:

Notieren Sie das Datum des ersten Kontakts und rechnen Sie 14 Tage hinzu. Innerhalb dieser Frist sollten Sie Ihren Widerruf erklären.

3
Widerrufserklärung formulieren
Verfassen Sie eine klare und eindeutige Widerrufserklärung. Sie müssen keine Gründe angeben.
Tipp:

Verwenden Sie, wenn vorhanden, das vom Makler bereitgestellte Widerrufsformular. Alternativ können Sie unsere Vorlage unten nutzen.

4
Widerruf nachweisbar übermitteln
Senden Sie den Widerruf so, dass Sie einen Zustellungsnachweis erhalten.
Tipp:

E-Mail mit Lesebestätigung, Einschreiben mit Rückschein oder Fax mit Sendebericht sind empfehlenswert. Bewahren Sie den Nachweis unbedingt auf!

5
Bestätigung des Widerrufs anfordern
Bitten Sie den Makler um eine schriftliche Bestätigung Ihres Widerrufs.
Tipp:

Erhalten Sie keine Bestätigung, senden Sie nach etwa einer Woche eine Erinnerung. Dokumentieren Sie alle Schritte für den Fall einer späteren Auseinandersetzung.

Résumé

Die aktuelle Rechtsprechung stärkt die Position der Verbraucher im digitalen Immobilienmarkt erheblich. Wer ausschließlich online, per E-Mail oder telefonisch mit einem Makler kommuniziert, genießt den vollen Schutz des Fernabsatzrechts. Der rechtzeitig erklärte Widerruf befreit den Verbraucher vollständig von Provisionszahlungen – selbst wenn später ein Kauf des vermittelten Objekts erfolgt.

Immobiliensuchende sollten sich dieser Rechte bewusst sein und im Zweifelsfall fachkundigen Rat einholen, um ihre Position zu stärken und unberechtigte Provisionsforderungen abzuwehren.

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Rechtliche Tragweite von Formulierungen im Schenkungsvertrag

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Rechtliche Tragweite von Formulierungen im Schenkungsvertrag

Wer Vermögenswerte zu Lebzeiten überträgt, sollte auf jedes Wort achten. Ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) verdeutlicht, wie entscheidend präzise Formulierungen in Schenkungsverträgen sind – besonders im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge. Der Unterschied zwischen einem unverbindlichen Wunsch und einer rechtlich bindenden Verpflichtung kann erhebliche finanzielle Konsequenzen haben.

Die rechtliche Interpretation von Vertragsklauseln

Bei der Auslegung von Verträgen gelten klare juristische Prinzipien. Anders als bei letztwilligen Verfügungen kommen bei Schenkungsverträgen die allgemeinen Auslegungsregeln für Verträge zur Anwendung. Dabei wird vom Wortlaut ausgegangen, um die tatsächliche Absicht der Vertragsparteien zu ermitteln.

Der OGH (2 Ob 193/23f) hat in seiner Rechtsprechung klargestellt: Ein „Wunsch“ ist seinem Wortsinn nach eine rechtlich unverbindliche Äußerung zu einem erhofften Verhalten. Selbst wenn dieser Wunsch „ausdrücklich“ formuliert wird und vom Empfänger „zur Kenntnis genommen“ wird, entsteht dadurch keine rechtliche Verpflichtung.

Wie der OGH zwischen Wunsch und Verpflichtung unterscheidet

Im untersuchten Fall hatte ein Vater mehrere Liegenschaften, Gesellschaftsanteile und einen Familienbetrieb an seinen Sohn übertragen. Im Schenkungsvertrag von 1993 wurde festgehalten: „Der Geschenkgeber spricht den ausdrücklichen Wunsch aus, der Geschenknehmer möge, falls er ohne leibliche Nachkommen sterben sollte, sämtliche Schenkungsobjekte dem Enkel des Geschenkgebers vermachen. Der Geschenknehmer nimmt diesen Wunsch ausdrücklich zur Kenntnis.“

Nach dem Tod des Vaters übertrug der Sohn die Vermögenswerte an eine Gesellschaft in seinem Alleineigentum. Als er später kinderlos verstarb, forderte der im Vertrag genannte Enkel (tatsächlich der Neffe des Sohnes) die Herausgabe der Vermögenswerte.

Der OGH entschied jedoch, dass die Formulierung „ausdrücklicher Wunsch“ keine rechtliche Bindungswirkung entfaltet. Bei der Beurteilung berücksichtigte das Gericht:

  1. Den Wortsinn des Begriffs „Wunsch“

  2. Die familiären Umstände

  3. Andere Klauseln im selben Vertrag, die explizite Verpflichtungen enthielten

Diese Umstände deuteten demnach darauf hin, dass dem „Wunsch“ bewusst keine rechtliche Verbindlichkeit zukommen sollte. Folglich ging der Neffe leer aus.

Sprachliche Sorgfalt bei der Formulierung von Schenkungsbedingungen

Bei der Gestaltung von Schenkungsverträgen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ist die sprachliche Präzision von höchster Bedeutung. Wer tatsächlich rechtlich bindende Vorgaben für den Beschenkten schaffen möchte, sollte Begriffe wählen, die eindeutig eine Verpflichtung zum Ausdruck bringen. Die Rechtsprechung unterscheidet hier klar zwischen Formulierungen, die lediglich einen Wunsch oder eine Hoffnung ausdrücken, und solchen, die eine echte rechtliche Bindungswirkung entfalten.

Entscheidend ist dabei nicht nur die Wortwahl selbst, sondern auch der Kontext des Gesamtvertrags. Wie im diskutierten Fall deutlich wurde, kann die Verwendung expliziter Verpflichtungen an anderen Stellen des Vertrags ein Indiz dafür sein, dass bewusst zwischen verbindlichen und unverbindlichen Äußerungen unterschieden werden sollte. Wer sicherstellen möchte, dass seine Vorgaben für die weitere Verwendung des geschenkten Vermögens auch tatsächlich durchsetzbar sind, sollte daher auf Formulierungen zurückgreifen, die unmissverständlich eine rechtliche Bindung erzeugen. Umgekehrt können Schenkende, die dem Beschenkten bewusst Freiheiten einräumen wollen, dies durch die explizite Kennzeichnung als unverbindlichen Wunsch zum Ausdruck bringen.

Résumé

Die sorgfältige Formulierung von Schenkungsverträgen und letztwilligen Verfügungen ist entscheidend, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Eine einfache, aber effektive Methode zur Überprüfung einer Vertragsklausel ist die Kontrollfrage: Könnte diese Formulierung von anderen Personen anders verstanden werden?

Wer sicherstellen möchte, dass sein Vermögen nach bestimmten Vorstellungen weitergegeben wird, sollte auf eindeutige, rechtlich bindende Formulierungen setzen und gegebenenfalls professionelle rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.

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Pflichtteilsrecht bei Privatstiftungen: Rechtliche Möglichkeiten für Erben

Ein Berg von Münzen mit einer Uhr im Hintergrund
Ein Berg von Münzen mit einer Uhr im Hintergrund

Pflichtteilsrecht bei Privatstiftungen: Rechtliche Möglichkeiten für Erben

Was passiert mit dem Pflichtteilsanspruch, wenn Erblasser ihr Vermögen in Privatstiftungen einbringen? Immer mehr Pflichtteilsberechtigte müssen ihre Ansprüche gegen solche Stiftungskonstruktionen durchsetzen. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten für betroffene Erben.

Die Problematik: Vermögensübertragung in Stiftungen

Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Ein Vater gründet eine Privatstiftung und überträgt sein gesamtes Vermögen in diese Stiftung. Er behält sich wichtige Rechte vor, wie die Möglichkeit, die Stiftungsurkunde zu ändern oder die Stiftung zu widerrufen. Sein Sohn wird als Begünstigter eingesetzt. Nach dem Tod des Vaters fünf Jahre später hat die Verlassenschaft keinen Wert mehr, da alle Vermögenswerte bereits der Stiftung gehören. Bedeutet dies, dass seine Tochter, die nicht als Begünstigte eingesetzt wurde, tatsächlich leer ausgeht?

Schutz durch Schenkungsanrechnung

Das Erbrecht kennt ein wichtiges Instrument zum Schutz von Pflichtteilsberechtigten: die Schenkungsanrechnung. Sie verhindert, dass das Pflichtteilsrecht durch Schenkungen zu Lebzeiten umgangen werden kann. Dabei werden Schenkungen des Verstorbenen in die Berechnungsbasis für die Pflichtteile einbezogen.

Das Gesetz unterscheidet grundsätzlich zwischen:

  1. Schenkungen an andere Pflichtteilsberechtigte (Kinder, Ehegatten): Diese sind zeitlich unbegrenzt anzurechnen. Hat der Erblasser beispielsweise vor 30 Jahren seiner Tochter ein Haus geschenkt, fällt diese Schenkung unter die Anrechnungspflicht.

  2. Schenkungen an Dritte: Diese werden nur dann angerechnet, wenn sie innerhalb von zwei Jahren vor dem Tod erfolgten. Eine Schenkung an die Lebensgefährtin, die drei Jahre zurückliegt, würde demnach nicht mehr berücksichtigt.

Der Sonderfall Privatstiftung

Bei Privatstiftungen wird die rechtliche Situation komplexer:

  • Zunächst gilt: Die Privatstiftung selbst ist keine pflichtteilsberechtigte Person, weshalb grundsätzlich die Zweijahresfrist anwendbar wäre.

  • Entscheidend ist jedoch: Hat sich der Stifter bestimmte Rechte in der Stiftung vorbehalten (wie Änderungs- oder Widerrufsrecht), gilt die Schenkung rechtlich als noch nicht vollständig vollzogen. Die Zweijahresfrist beginnt in diesem Fall überhaupt nicht zu laufen.

Durchsetzungsmöglichkeiten für verkürzte Erben

Im beschriebenen Beispielfall kann die Tochter ihren erhöhten Pflichtteil tatsächlich von der Privatstiftung fordern, obwohl die Vermögensübertragung bereits fünf Jahre zurückliegt. Der Grund: Durch die vorbehaltenen Rechte des Vaters in der Stiftung wird rechtlich angenommen, dass er das „Vermögensopfer“ nicht vollständig erbracht hat – die Anrechnungsfrist hat daher nie begonnen.

Der Pflichtteilsberechtigte hat folgende Möglichkeiten:

  1. Auskunftsanspruch nutzen: Zunächst kann er von der Privatstiftung Auskunft über das eingebrachte Vermögen verlangen.

  2. Pflichtteilsanspruch bewerten: Mit diesen Informationen lässt sich der konkrete Anspruch berechnen.

  3. Gerichtliche Durchsetzung: Kommt keine außergerichtliche Einigung zustande, kann er seinen Anspruch gerichtlich geltend machen.

Begünstigtenstellung als zusätzlicher Faktor

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Begünstigtenstellung anderer Personen (wie im Beispiel des Bruders). Hat diese Begünstigtenstellung einen bewertbaren wirtschaftlichen Wert, gilt sie ebenfalls als Schenkung des Erblassers. Der verkürzte Pflichtteilsberechtigte müsste seinen erhöhten Pflichtteilsanspruch dann teilweise gegen die Privatstiftung und teilweise gegen den begünstigten Bruder geltend machen.

Résumé

Die Übertragung von Vermögen in eine Privatstiftung führt nicht automatisch zum Verlust des Pflichtteilsanspruchs. Das Rechtsinstrument der Schenkungsanrechnung bietet Pflichtteilsberechtigten auch in diesen Fällen Schutzmöglichkeiten. Die komplexe Rechtslage erfordert jedoch eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls und eine solide rechtliche Beratung.

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Bankgarantien im Baurecht: Rechtsmissbrauch beim Abruf

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Bankgarantien im Baurecht: Rechtsmissbrauch beim Abruf

Bei Bankgarantien im Baugewerbe gilt grundsätzlich der Grundsatz „erst zahlen, dann streiten“. Doch unter bestimmten Umständen kann ein Abruf rechtsmissbräuchlich sein – wir erklären, wann dies der Fall ist und welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen.

Bankgarantie als Sicherungsinstrument im Baugewerbe

Bankgarantien sind ein wesentliches Instrument zur Absicherung der Vertragspartner im Bauwesen. Insbesondere als Sicherstellung nach § 1170b ABGB spielen sie eine zentrale Rolle. Diese Sicherstellung dient in erster Linie dazu, den Auftragnehmer (beispielsweise einen Generalunternehmer) davor zu schützen, dass er Bauleistungen erbringt, ohne hierfür ein Entgelt zu erhalten. Die Bankgarantie fungiert dabei als Haftungsfonds für ausstehende Zahlungen.

Neben Bankgarantien können auch andere Sicherungsmittel wie Bargeld, Bareinlagen, Sparbücher oder Versicherungen als Sicherstellungen dienen. In der Praxis erfreuen sich Bankgarantien jedoch besonderer Beliebtheit, da sie für beide Seiten Vorteile bieten.

Das Grundprinzip: "Erst zahlen, dann streiten"

Der grundlegende Sinn einer abstrakten Bankgarantie besteht darin, dem Begünstigten eine sichere und durch Einwendungen nicht verzögerte Zahlung zu gewährleisten. Die Idee dahinter lässt sich auf die einfache Formel „erst zahlen, dann streiten“ reduzieren. Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien sollen erst nach erfolgter Zahlung ausgetragen werden.

Bei abstrakten Garantien ist die Zahlungsverpflichtung der Bank von der Wirksamkeit des Grundgeschäfts unabhängig. Die Bank muss zahlen, sobald die im Garantievertrag festgelegten formalen Voraussetzungen erfüllt sind – ohne dass sie berechtigt wäre, Einwendungen aus dem Grundgeschäft zu prüfen.

Wann liegt ein rechtsmissbräuchlicher Abruf vor?

Obwohl das Prinzip der abstrakten Garantie eine schnelle und unkomplizierte Zahlung vorsieht, gibt es eine wichtige Einschränkung: Ein rechtsmissbräuchlicher Abruf ist unzulässig. Doch wann genau liegt ein solcher Rechtsmissbrauch vor?

Ein rechtsmissbräuchlicher Abruf kann insbesondere in folgenden Fällen angenommen werden:

  • Wenn die Bankgarantie für einen Zweck in Anspruch genommen wird, für den sie nicht übernommen wurde

  • Wenn sie für etwas beansprucht wird, wofür evident kein Anspruch besteht

  • Wenn das Erhaltene sofort wieder herauszugeben wäre

Entscheidend ist dabei, dass das Nichtbestehen des Anspruchs evident, also offensichtlich und eindeutig erkennbar sein muss. Solange der Begünstigte aus vertretbaren Gründen annehmen darf, legitimiert zu sein, liegt kein Rechtsmissbrauch vor.

Die Beweislast liegt bei demjenigen, der sich auf den Rechtsmissbrauch beruft. Dies bedeutet, dass der Garantieauftraggeber klar und eindeutig nachweisen muss, dass der Abruf rechtsmissbräuchlich erfolgt.

Rechtliche Gegenwehr: Die einstweilige Verfügung

Wenn ein rechtsmissbräuchlicher Abruf einer Bankgarantie droht, besteht die Möglichkeit, dagegen mit einer einstweiligen Verfügung vorzugehen. Hierfür müssen zwei zentrale Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Behauptung und Bescheinigung eines bestimmten Anspruchs

  2. Das Vorliegen einer konkreten Gefährdung

Der Anspruch des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten auf Widerruf des Abrufs kann nur dann durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden, wenn der Nichteintritt des Garantiefalls eindeutig nachgewiesen wird. Dies stellt eine hohe Hürde dar, die dem Grundsatz „erst zahlen, dann streiten“ Rechnung trägt.

Auswirkungen eines Vertragsrücktritts auf die Bankgarantie

Besonders relevant wird die Frage des Rechtsmissbrauchs, wenn es zum Vertragsrücktritt kommt. Tritt ein Vertragspartner wirksam vom Vertrag zurück (beispielsweise nach § 918 Abs 1 ABGB), gilt der Vertrag mit Wirkung ex tunc – also rückwirkend von Beginn an – als aufgelöst.

Dies hat weitreichende Konsequenzen:

  • Der Erfüllungsanspruch besteht nicht mehr

  • Bereits erbrachte Leistungen sind zurückzugeben oder deren Wert zu ersetzen

  • Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung bleiben unberührt

Wenn in einem solchen Fall eine Partei trotz Vertragsrücktritts und offensichtlich fehlender Ansprüche eine Bankgarantie abrufen will, kann dies als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden.

Résumé

Bankgarantien sind ein wichtiges Instrument im Baurecht, um Zahlungsflüsse abzusichern und das Vertrauen zwischen den Vertragsparteien zu stärken. Das Prinzip „erst zahlen, dann streiten“ soll dabei für Rechtssicherheit sorgen. Dennoch hat dieses Prinzip seine Grenzen – nämlich dort, wo ein Abruf offensichtlich rechtsmissbräuchlich erfolgt.

In der Praxis ist eine sorgfältige Vertragsgestaltung und präzise Formulierung der Abrufbedingungen von großer Bedeutung. Bei Anzeichen eines rechtsmissbräuchlichen Abrufs empfiehlt sich schnelles Handeln und die Prüfung rechtlicher Schritte wie einer einstweiligen Verfügung.

Entscheidend bleibt: Nur wenn der Rechtsmissbrauch evident ist, besteht eine realistische Chance, gegen den Abruf einer Bankgarantie vorzugehen. In allen anderen Fällen gilt der Grundsatz: Erst wird gezahlt, dann wird gestritten.

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Schadenersatz statt Gewährleistung? Rechtliche Fragen im Baurecht

Ein Architekt, welcher mit einem Plan vor einem Haus steht
Ein Architekt, welcher mit einem Plan vor einem Haus steht

Schadenersatz statt Gewährleistung? Rechtliche Fragen im Baurecht

Bei Mängeln an Bauprojekten stellt sich oft die Frage: Habe ich einen Anspruch auf Schadenersatz oder nur auf Gewährleistung? Dieser Blogbeitrag erklärt die rechtlichen Grundlagen und wann Sie tatsächlich einen Schadenersatz fordern können.

Gewährleistung vs. Schadenersatz: Die rechtlichen Unterschiede

Im österreichischen Recht gibt es zwei wesentliche Anspruchsgrundlagen, wenn es um Mängel geht: die Gewährleistung und den Schadenersatz. Während die Gewährleistung verschuldensunabhängig ist, setzt der Schadenersatz ein schuldhaftes Verhalten des Übergebers voraus. Dieser Unterschied ist entscheidend für die Rechtsfolgen und die Ansprüche, die der Übernehmer geltend machen kann.

Die Gewährleistung ist im ABGB verankert und bietet dem Übernehmer einer Sache oder Leistung Schutz vor mangelhafter Erfüllung. Bei der Gewährleistung steht zunächst die Naturalrestitution – also Verbesserung oder Austausch – im Vordergrund. Der Gesetzgeber räumt dem Übergeber hier bewusst eine „zweite Chance“ ein, bevor weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden können.

Die Stufenleiter der Gewährleistung

Das Gesetz sieht einen klaren Ablauf bei Gewährleistungsansprüchen vor. Bei Feststellung eines Mangels kann der Übernehmer nicht sofort den Preis mindern oder vom Vertrag zurücktreten, sondern muss zunächst Verbesserung oder Austausch fordern. Dies ist die sogenannte „primäre Gewährleistungsbehelfe“.

Erst wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, stehen dem Übernehmer die „sekundären Gewährleistungsbehelfe“ – Preisminderung oder Vertragsauflösung – zu. Diese Voraussetzungen sind:

  • Unmöglichkeit der Verbesserung oder des Austauschs

  • Unverhältnismäßig großer Aufwand für den Übergeber

  • Weigerung des Übergebers zur Mängelbehebung

  • Verzug bei der Mängelbehebung

  • Erhebliche Unannehmlichkeiten für den Übernehmer

  • Unzumutbarkeit aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen (Vertrauensverlust)

Schadenersatz als Alternative zur Gewährleistung

Wenn der Übergeber den Mangel schuldhaft verursacht hat, kann neben oder anstelle der Gewährleistung auch Schadenersatz gefordert werden. Ähnlich wie bei der Gewährleistung besteht der primäre Schadenersatzanspruch in der Verbesserung oder dem Austausch der mangelhaften Sache.

Allerdings kann unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der Gewährleistung auch das sogenannte Erfüllungsinteresse in Form von Geldersatz gefordert werden. Dieses umfasst in der Regel die Kosten, die für die Behebung des Mangels notwendig sind.

Der Verbesserungsverzug als entscheidender Faktor

Ein zentraler Punkt für den Übergang zu sekundären Ansprüchen ist der Verbesserungsverzug. Dieser liegt vor, wenn der Übergeber die Mängelbehebung nicht in angemessener Frist durchführt. Was „angemessen“ ist, muss im Einzelfall beurteilt werden und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art des Mangels, der erforderlichen technischen Maßnahmen und den Umständen des Falls.

Wichtig ist: Um Verbesserungsverzug geltend machen zu können, muss der Übernehmer den Mangel konkret beschreiben und ein eindeutiges Verbesserungsbegehren stellen. Ein bloßer Verweis auf ein Privatgutachten oder ein allgemeines Anwaltsschreiben reicht hierfür nicht aus.

Vertrauensverlust als Grund für direkten Geldersatz

Ein besonders interessanter Aspekt ist der Vertrauensverlust als Grund für die unmittelbare Forderung nach Geldersatz. Ein solcher Vertrauensverlust kann insbesondere in folgenden Situationen eintreten:

  • Trotz konkreter Rüge wird mangelhaft geleistet

  • Die mangelhafte Leistung betrifft sicherheitsrelevante Aspekte

  • Der Übergeber hat bewusst oder grob fahrlässig gehandelt

Allerdings sind die Anforderungen an einen Vertrauensverlust hoch. Nicht jede Unstimmigkeit oder kleinere Mängel rechtfertigen die Annahme eines Vertrauensverlusts. Es muss vielmehr eine erhebliche Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses vorliegen.

Das Deckungskapital: Keine Vorleistungspflicht für den Übernehmer

Ein wichtiger praktischer Aspekt im Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen ist das sogenannte Deckungskapital. Damit der Übernehmer nicht in „Vorkasse“ gehen muss, kann er vom Übergeber einen zweckgebundenen Vorschuss fordern. Dieser dient dazu, die Mängelbehebung zu finanzieren, ohne dass der Übernehmer zunächst selbst die Kosten tragen muss.

Résumé

Ob Schadenersatz statt Gewährleistung gefordert werden kann, ist stets eine Einzelfallentscheidung. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Voraussetzungen, insbesondere was den Verbesserungsverzug und den Vertrauensverlust betrifft.

Für Bauherren und Käufer ist es daher wichtig, Mängel präzise zu dokumentieren und konkrete Verbesserungsbegehren zu stellen. Nur so können sie ihre Rechte effektiv wahrnehmen und im Bedarfsfall auch Schadenersatzansprüche durchsetzen.

Die rechtliche Bewertung solcher Fälle ist komplex und sollte im Zweifel mit fachkundiger Unterstützung erfolgen, um die eigenen Chancen realistisch einschätzen zu können.

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Wann ist ein Kalkulationsirrtum im Baugewerbe rechtlich anfechtbar?

Ein Taschenrechner liegt auf einem karierten Blatt Papier
Ein Taschenrechner liegt auf einem karierten Blatt Papier

Wann ist ein Kalkulationsirrtum im Baugewerbe rechtlich anfechtbar?

Ein falsch berechneter Preis kann teuer werden – doch nicht jeder Rechenfehler führt automatisch zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einer Entscheidung die Voraussetzungen für die Anfechtung von Kalkulationsirrtümern präzisiert und wichtige Grundsätze für die Praxis festgelegt. Der folgende Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung bei fehlerhafter Preiskalkulation.

Grundsatz: Kalkulationsirrtum als unbeachtlicher Motivirrtum

Grundsätzlich gilt: Ein bloßer Irrtum bei der Kalkulation stellt nach ständiger Rechtsprechung des OGH einen sogenannten Motivirrtum dar. Dieser ist rechtlich unbeachtlich und kann somit nicht erfolgreich angefochten werden. Der Kalkulationsirrtum betrifft in diesen Fällen lediglich die internen Überlegungen einer Vertragspartei, die für den Vertragspartner nicht erkennbar sind und daher nicht in den rechtlich geschützten Vertrauensbereich fallen.

Der externe Kalkulationsirrtum – wann wird er beachtlich?

Anders verhält es sich, wenn die Kalkulation zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen oder zum Inhalt des Vertrages gemacht wurde. In diesem Fall spricht man von einem „externen Kalkulationsirrtum“, der sehr wohl anfechtbar sein kann. Der OGH hat hierzu festgestellt, dass zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

  1. Die Kalkulationsgrundlage muss gegenüber dem Vertragspartner offengelegt werden.

  2. Es muss ein Einvernehmen darüber bestehen, dass das Geschäft auf Basis dieser spezifischen Kalkulation abgeschlossen wird.

Diese Grundsätze können unter bestimmten Umständen auch auf Pauschalpreisvereinbarungen angewendet werden, wie der OGH in seiner ständigen Rechtsprechung klargestellt hat.

Zusätzliche Voraussetzungen nach § 871 ABGB

Selbst wenn ein beachtlicher externer Kalkulationsirrtum vorliegt, ist eine Irrtumsanfechtung nur möglich, wenn mindestens eine der drei Alternativvoraussetzungen des § 871 ABGB erfüllt ist:

  • Der Irrtum wurde vom Vertragspartner veranlasst.

  • Der Irrtum hätte dem Vertragspartner auffallen müssen.

  • Der Irrtum wurde nicht rechtzeitig aufgeklärt.

Veranlassung eines Irrtums – was bedeutet das?

Unter „Veranlassung“ versteht die Rechtsprechung, dass ein Verhalten des Vertragspartners adäquat ursächlich für den Irrtum war – auch wenn kein Verschulden vorliegt. Diese Kausalität kann jedoch in bestimmten Fällen verneint werden: Wenn dem Irrenden ein Verschulden anzulasten ist, kann dies die Annahme ausschließen, dass der Irrtum durch den anderen veranlasst wurde.

Beispielsweise werden offensichtlich unrichtige Angaben, deren Überprüfung dem anderen Teil leicht möglich gewesen wäre, nicht als zur Täuschung geeignete Irreführungshandlungen angesehen. Wenn der Erklärungsempfänger solche Angaben ungeprüft übernimmt, gilt sein Irrtum nicht als vom Vertragspartner veranlasst.

Rechtsfolgen: Vertragsanpassung oder -aufhebung?

Ist ein Geschäftsirrtum beachtlich und liegt eine der Voraussetzungen des § 871 ABGB vor, stellt sich die Frage nach den Rechtsfolgen. Hier unterscheidet das Gesetz:

  • Bei einem wesentlichen Irrtum kann der Irrende grundsätzlich die Aufhebung des Vertrages verlangen.

  • Nach § 872 ABGB kann der Irrende aber auch wählen, den Irrtum wie einen unwesentlichen zu behandeln und statt der Aufhebung eine angemessene Vertragsanpassung fordern.

Die Vertragsanpassung setzt allerdings voraus, dass die Vertragsteile zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hypothetisch bereit gewesen wären, den Vertrag zu den nun geforderten Bedingungen abzuschließen. Nur wenn positiv feststeht, dass der Vertragspartner zu den geänderten Bedingungen nicht abgeschlossen hätte, ist die Vertragsänderung abzulehnen.

Kann die Irrtumsanfechtung ausgeschlossen werden?

Im unternehmerischen Rechtsverkehr (außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG) kann auf die Anfechtung wegen Irrtums durchaus im Vorhinein verzichtet werden. Dieser Verzicht ist allerdings nur wirksam, wenn:

  1. Der Irrtum nicht grob fahrlässig veranlasst wurde.

  2. Sich der Verzicht unzweifelhaft aus der Erklärung ergibt.

Résumé

Die Rechtsprechung zu Kalkulationsirrtümern zeigt, dass nicht jeder Rechenfehler automatisch zu einer Vertragsanpassung führt. Entscheidend ist, ob die Kalkulation Vertragsbestandteil wurde und ob eine der gesetzlichen Voraussetzungen für die Irrtumsanfechtung vorliegt. Unternehmen sollten daher bei Angebotskalkulationen besondere Sorgfalt walten lassen und im Zweifelsfall kritische Kalkulationsgrundlagen explizit im Vertrag festhalten, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Für den praktischen Umgang mit möglichen Kalkulationsirrtümern empfiehlt es sich, bereits während der Leistungserbringung auftretende Abweichungen zu dokumentieren und zeitnah Gespräche über eine angemessene Vergütungsanpassung zu führen.

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Öffentliche Wegerechte durch Ersitzung

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Öffentliche Wegerechte durch Ersitzung

Die Ersitzung von Wegerechten ist ein wichtiges rechtliches Instrument für Gemeinden. Dieser Artikel erklärt, unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinde ein Wegerecht durch Ersitzung erwerben kann und welche Nutzungsarten davon umfasst sind.

Was ist die Ersitzung eines Wegerechts?

Die Ersitzung eines Wegerechts ermöglicht es Gemeinden, auch ohne formelle Vereinbarung ein rechtlich geschütztes Wegerecht zu erwerben. Dies ist besonders relevant bei historisch gewachsenen Wegverbindungen, die über Privatgrund führen, aber seit langem von der Allgemeinheit genutzt werden.

Voraussetzungen für die Ersitzung durch eine Gemeinde

Für die erfolgreiche Ersitzung eines Wegerechts durch eine Gemeinde müssen mehrere zentrale Bedingungen erfüllt sein:

Die Nutzung muss über einen längeren Zeitraum (mindestens 30 Jahre) erfolgen und dabei im Wesentlichen gleichbleibend sein. Entscheidend ist, dass die Nutzung in einem bestimmten Umfang und zu bestimmten Zwecken stattfindet.

Ein besonders wichtiger Aspekt: Es ist nicht erforderlich, dass die Gemeinde selbst eine spezielle Ersitzungsabsicht hat. Stattdessen reicht es aus, wenn Gemeindemitglieder oder auch Touristen den Weg wie ein öffentliches Gut nutzen. Das bedeutet, die Allgemeinheit muss den Weg als öffentlichen Weg wahrnehmen und entsprechend verwenden.

Umfang des ersessenen Wegerechts

Der Umfang des ersessenen Wegerechts richtet sich nach der tatsächlichen Nutzung während der Ersitzungszeit. Dabei gilt:

  • Die Nutzung muss für die Allgemeinheit von Bedeutung sein

  • Die Art der Nutzung muss nachweisbar sein

  • Die Nutzung muss regelmäßig erfolgen

Wichtige Einschränkungen beachten

Nicht jede Nutzung eines Weges führt automatisch zu einem ersessenen Wegerecht. Private oder sehr eingeschränkte Nutzungen, wie beispielsweise die ausschließliche Nutzung durch einzelne Landwirte für ihre Grundstücke, begründen kein allgemeines Wegerecht.

Résumé

Die Ersitzung von Wegerechten durch Gemeinden ist ein komplexes Rechtsinstrument. Entscheidend ist der Nachweis der langjährigen, öffentlichen Nutzung durch die Allgemeinheit.

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