
Mietrechtliche Informationspflichten: Unternehmensmieter müssen Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur offenlegen
Wenn Unternehmen als Mieter auftreten, gelten besondere Pflichten. Insbesondere Änderungen in der Gesellschaftsstruktur können weitreichende rechtliche Konsequenzen haben. Welche Informationen müssen Mieter offenlegen, welche Folgen drohen bei Versäumnissen und wie wirkt sich dies auf die Interessen des Vermieters aus? Dieser Beitrag beleuchtet die mietrechtlichen Informationspflichten von Unternehmensmietern und die möglichen Schadenersatzansprüche bei Verletzung dieser Pflichten.
Die rechtliche Grundlage: § 12a MRG und die Anzeigepflicht
Der österreichische Gesetzgeber hat im Mietrechtsgesetz (MRG) klare Regelungen für Mieter geschaffen, die als Gesellschaft organisiert sind. Besonders relevant ist hierbei § 12a MRG, der eine Anzeigepflicht bei wesentlichen Änderungen in der Gesellschaftsstruktur vorsieht.
Diese Anzeigepflicht dient einem wichtigen Zweck: Sie soll verhindern, dass durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen andere Personen als der ursprüngliche Mieter von günstigen Mietkonditionen profitieren, ohne dass der Vermieter darauf Einfluss nehmen kann. Der Vermieter soll nicht durch gesellschaftsrechtliche Manöver um seine berechtigten wirtschaftlichen Interessen gebracht werden.
Wirtschaftliche Bedeutung der Informationspflicht
Die Anzeigepflicht hat für den Vermieter eine entscheidende wirtschaftliche Bedeutung. Sie dient als wesentliche Kalkulationsgrundlage für:
- Die korrekte Ermittlung des Ertragswerts der Immobilie
- Die sachgerechte Preisbestimmung bei einem möglichen Verkauf der Liegenschaft
- Die angemessene Bewertung bei einer Verpfändung des Objekts
Wenn ein Vermieter nicht über wichtige Änderungen in der Mietergesellschaft informiert wird, kann dies zu einer Fehlkalkulation des Immobilienwerts führen. Besonders problematisch wird es, wenn der Vermieter die Immobilie verkauft und dabei einen niedrigeren Preis erzielt, weil er den tatsächlichen Ertragswert aufgrund fehlender Informationen nicht korrekt einschätzen konnte.
Schadensersatzansprüche bei Verletzung der Anzeigepflicht
Verletzt ein Unternehmensmieter seine Anzeigepflicht bezüglich eines Machtwechsels innerhalb der Gesellschaft, kann der Vermieter unter bestimmten Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen. Der Schutzbereich der Anzeigepflicht umfasst insbesondere:
- Die Möglichkeit der Erhebung eines angemessenen Mietzinses
- Die korrekte „Einpreisung“ des erhöhten Ertragswerts bei einer Verwertung der Immobilie
Der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der unterlassenen Anzeige und einem dadurch entstandenen Kaufpreisschaden wurde vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich bestätigt. Ein Kaufpreisschaden, der unmittelbar aus zu geringen Mieterlösen herrührt, weil ein Machtwechsel vom Mieter nicht mitgeteilt wurde, fällt eindeutig in den Schutzbereich der gesetzlichen Anzeigepflicht.
Grenzen der Schadensminderungspflicht des Vermieters
Auch wenn der Vermieter grundsätzlich zur Schadensminderung verpflichtet ist, gibt es hier wichtige Einschränkungen. Der Oberste Gerichtshof hat klargestellt, dass die Unterlassung einer Prozessführung nicht automatisch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht darstellt.
Dies gilt insbesondere dann, wenn:
- Die Rechtslage problematisch ist
- Der Rechtsweg mit erheblichen Risiken verbunden ist
- Der Ausgang eines möglichen Rechtsstreits ungewiss erscheint
In Fällen, in denen beispielsweise nur ein Motivirrtum vorliegen könnte, der nicht zur Anfechtung eines Kaufvertrags berechtigt, ist dem Vermieter eine Klagsführung gegen den Käufer der Liegenschaft nicht zumutbar. Der Vermieter hat in solchen Konstellationen keine Verletzung der Schadensminderungspflicht zu vertreten.
Praktische Implikationen für Unternehmensmieter und Vermieter
Für Unternehmensmieter bedeutet dies, dass sie bei wesentlichen Änderungen in der Gesellschaftsstruktur, die zu einem Machtwechsel führen können, stets ihre Anzeigepflicht beachten sollten. Dies betrifft insbesondere:
- Änderungen in der Gesellschafterstruktur
- Übertragung von Anteilen oder Stimmrechten
- Einräumung von wesentlichen wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft
Vermieter sollten ihrerseits auf die Einhaltung dieser Anzeigepflicht achten und bei Verdacht auf nicht mitgeteilte Änderungen rechtzeitig reagieren. Eine regelmäßige Überprüfung der Gesellschaftsstruktur ihrer Unternehmensmieter kann helfen, spätere Schäden zu vermeiden.
Résumé
Die Anzeigepflicht von UnternehmensMietern bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen ist ein wichtiges Instrument zum Schutz der berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Vermieters. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat die Bedeutung dieser Pflicht unterstrichen und klargestellt, dass Verstöße zu Schadensersatzansprüchen führen können.
Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten sich dieser Rechtslage bewusst sein und entsprechend handeln. Für Mieter bedeutet dies eine konsequente Einhaltung ihrer Informationspflichten, für Vermieter eine wachsame Überprüfung der Mieterstruktur zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen.
Rechtsanwalt in Salzburg | RA Mag. Bernhard Brandauer LLB.oec
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